Sonntag, 25. Januar 2009

Entführungsfälle vor 200 Jahren

Gisela Ermel

Parallelen zum modernen UFO-Phänomen bei nordamerikanischen Indianern

In: Magazin2000plus, Nr. 4/180, Sonderband "UFOs und Kornkreise", Marktoberdorf 2002
+ Vortrag, gehalten am 20. März 1999 in Würzburg: Fiebag-Seminar "Paläo-Kontak - Zeitreise zu den Göttern aus dem All"

Im Spätsommer des Jahres 1855 weilte der Ethnologe und Forschungsreisende Johann Georg Kohl am Lac du Flambeau, einem See im heutigen Wisconsin, USA. Ein Stamm der dortigen Ojibwa-Indianer hatte ihn freundlich aufgenommen, und ein französischer Dolmetscher unterstützte Kohl bei seinen Bemühungen, Material über die Lebensweise, die religiösen Vorstellungen und alltäglichen Verrichtungen dieser Indianer zu sammeln. "Bleichgesichter" hatten diese Indianer noch relativ selten zu Gesicht bekommen, doch es gelang Kohl - nach vielen Rückschlägen und bisweilen amüsanten Missverständnissen - ihr Vertrauen zu gewinnen. Seine Notizbücher füllten sich nach und nach mit interessanten Informationen, und in seiner Hütte bewahrte er mit liebevollem Sammlerstolz das eine oder andere Indianer-Requisit, über das sich jedes Völkerkundemuseum in Europa freuen würde.





Der Ethnologe und Forschungsreisende Johann Georg Kohl

Eines Tages erzählten ihm die Indianer von einem Einzelgänger, genannt Kagagengs (Kleiner Rabe), der im Dorf als eine Art kurioser Kauz galt, der ständig im Freien umherlaufe und sich mit Kräutersammeln oder Müssiggang die Zeit vertreibe. Er galt als Aussenseiter, und die Indianer im Dorf hielten ihn für den ältesten Mann in der Siedlungsgemeinschaft. Er bewohnte etwas abseits von den anderen eine Hütte am Schilf, und als Kohl ihn kennenlernte, fand er ihn tatsächlich im hohen Greisenalter. Ob er wirklich etwa hundert Jahre alt war, liess sich natürlich nicht beweisen. Jeder Indianer im Dorf wusste, dass Kleiner Rabe von Geburt an als absonderliches Kind gegolten hatte, das sehr viel früher als andere Indianerkinder sprechen gelernt hatte, auch soll er über ein überdurchschnittlich gutes Gedächtnis verfügt haben. Er habe - und das machte Kohl äusserst neugierig - als Knabe ein aussergewöhnliches Erlebnis gehabt, das für sein ganzes weiteres Leben prägend gewesen sei, und über das er so gut wie nie rede, ja wenn man ihn darauf anspreche, gehe er einfach schweigend davon.

Es dauerte viele Tage der unermüdlichen Bemühungen seitens des Dolmetschers und des Ethnologen, das Vertrauen des greisen Indianers zu gewinnen. Und als Kohl es dann wagte, Kagagengs auf dieses Knabenerlebnis anzusprechen, sträubte dieser sich hatrnäckig, davon zu erzählen.


Teil eines Ojibwa-Dorfes


Kohl schrieb später über diesen Augenblick: "Als ich dem Alten alles deutlich gemacht hatte, was ich wünschte, wurde er völlig stumm und sass wie eine Bildsäule da. Er erwiderte kein Wort..." Geduldig und behutsam schritt Kohl weiter seinem Ziel entgegen. Er ahnte, dass er eine aussergewöhnliche und ausgefallene Geschichte zu hören bekommen konnte, wenn er es nur richtig anstellte. Nach vielem guten Zureden versicherte Kohl dem uralten Indianer, wenn dieser glaube, dass er sich selbst durch die Mitteilung dieses Erlebnisses ein Unglück zuziehe, so stehe er von seinem Verlangen ab. Und erst, als Kohl zum Alten sagte: "Übrigens sind wir hier unter uns..." (Kohl, der franzsösische Dolmetscher und Kagagengs sassen allein vor der Indianerhütte am Schilf und waren tatsächlich ganz ungestört) "... du kannst dich darauf verlassen, dass ich mit niemandem von deinen Leuten oder deiner Sippschaft im Dorf darüber sprechen werde..." - erst dann löste sich die Zunge des Greises und er war bereit, "auszupacken". Verwundert aber war er darüber, dass sich ein Weisser überhaupt für sein Erlebnis interessiere.




Typische Ojibwa-Hütte


Und dann fing Kleiner Rabe an zu erzählen: "Ich war ein Knabe, so gross, dass, wenn ich stand und mein Vater sich auf die Matte setzte, wir beide gleich hoch waren. Es war Herbst...."

Gebannt lauschten die beiden weissen Männer und hatten noch keine Ahnung, welch eine phantastische und bizarre Geschichte sie hier erfahren sollten.

Geht man davon aus, dass Kagagengs zwischen 70 und 100 Lenze zählte und während seines Erlebnisses so um die zehn Jahre alt war, so kann man für den Zeitraum der von ihm geschilderten Ereignisse die Jahre zwischen 1765 bis ca. 1795 annehmen, wobei als Ausgangspunkt das Jahr 1855 dient, in dem Kleiner Rabe als hochbetagter Greis sein Knabenerlebnis dem Forschungsreisenden Kohl anvertraute.

Der Zeitraum für dieses Erlebnis liegt in einer Zeit, in der noch niemand jemals von Unbekannten Flugobjekten, Entführungen und Begegnungen der einen oder anderen Art gehört hatte, eine Zeit, die gut 200 Jahre vor der sog. ersten UFO-Sichtung im Jahr 1947 durch den amerikanischen Flugzeugpiloten Kenneth Arnold und vor der sog. ersten Entführung des Ehepaares Betty und Barney Hill im jahr 1961 liegt. Inzwischen haben wir gelernt, sowohl Sichtungen Unbekannter Flugobjekte als auch Entführungen durch fremde Wesen sehr viel weiter zurück zu datieren, als es gemeinhin getan wird.

Lassen wir uns gut 200 Jahre zurückführen und die Erlebnisse des Kleinen Raben nachträglich miterleben.

Am Lac du Flambeau war die Mutter von Kagagengs gestorben und gemäss den alten Riten beerdigt worden. Einge Tage später...

Kleiner Rabe ist traurig. Er möchte mit seinem Schmerz um seine so früh verstorbene Mutter allein sein. Der Knabe schleicht sich heimlich aus dem Indianerdorf heraus, was ihm leicht gelingt, da sein Vater und sein Onkel zu einer Rauch-Gesellschaft unterwegs und seine Schwestern beschäftigt sind. Kleiner Rabe rennt in den nahe gelegenen Wald, so weit und so schnell, wie er kann. Endlich kann er seinen Gefühlen freien Lauf lassen, und er weint laut. Schliesslich klettert er auf einen hohen Baum, ganz ausser sich vor Schmerz und Trauer.

Mit einem Mal hört er neben sich eine Stimme. Er ist sehr erschrocken, denn er sitzt ja oben in einem Baum! Zu seinem masslosen Erstaunen entdeckt er eine schwarze, menschliche Gestalt, die durch die Luft auf ihn zuschwebt.

"Wer bist du? Warum weinst du?" hört er die rätselhafte Gestalt ihn fragen.

"Ich bin ein Indianerknabe, und ich weine um meine Mutter", entgegnet er.

Die Gestalt schaut ihn eindringlich an und fordert ihn auf: "Komm, folge mir!" Sie nimmt den Indianerknaben bei der Hand und führt ihn durch die Luft davon. Über hohe Bäume hinweg geht es, Kleiner Rabe weiss kaum, was mit ihm geschieht. Zweimal sieht er unter sich Bäume zittern und sich niederbeugen, doch die Stimme ermahnt ihn mehrmals: "Fürchte dich nicht!" Schliesslich erreichen sie den Gipfel eines hohen Berges.

"Kennst du das Gebirge?" fragt ihn das mysteriöse schwarze Wesen, das er für eine Frau hält. Als er verneint, erklärt ihm seine Begleiterin: "Es ist das Gebirge des Herzens des Hirsches."

Kleiner Rabe ist höchst erstaunt, weiss er doch, dass dieser Berg drei ganze Tagesreisen von seinem Dorf entfernt ist. Er wundert sich, dass er in so kurzer Zeit (es kam ihm vor wie drei Schritte) viele Wälder, Fluren und Prärien überquert hat. Auf einen Wink mit der Hand dieses schwarzes Wesens öffnet sich ein Eingang in den Berg, und überrascht schaut Kleiner Rabe durch einen langen Gang, an dessen anderem Ende ein helles Licht strahlt. Die Gestalt fordert den Knaben auf, mit ihr hineinzukommen, und beide schweben wie schwerelos ans andere Ende des Ganges. Ein helles Leuchten empfängt den Indianerknaben, er ist ganz geblendet. Als er vorsichtig umherblinzelt, sieht er etwas wie eine Hütte inmitten des Glanzes stehen. Eine Öffnung bildet sich, und die Gestalt fordert den Knaben auf, einzutreten.

Und wieder ist Kleiner Rabe von grell strahlendem Licht umgeben, so blendend, dass er sein Gewand über die Augen zieht. Er zittert vor Furcht und vor banger Erwartung des Kommenden. Aus dem Hintergrund des Raumes fordert ihn eine Stimme auf, sich ein wenig umzusehen. Dies tut Kleiner Rabe, nachdem er sich ein wenig an das helle Licht gewöhnt hat. Zuerst erblickt er nichts weiter als eine Art Lampe in der Mitte des Raumes, die ein mächtiges Licht von sich strahlt. So hell, dass Kleiner Rabe meint, es sei die Sonne. Nichts sonst, so weiss er, kann doch so hell strahlen! Schemenhaft sieht er im Hintergrund eine Gestalt, die er mangels anderer Deutungsmöglichkeiten für die Personifikation der Sonne hält. Oder ist es ein Geist? fragt sich Kleiner Rabe verwirrt. Er ist völlig durcheinander und weiss nicht, wo er sich befindet und was mit ihm geschehen ist. Die schemenhafte Person im Hintergrund des lichten Raumes fordert ihn nun auf: "Blicke hinab!"

Kleiner Rabe tut es und ist wie gelähmt vor Schreck! Durch eine Art Öffnung oder Fenster im Raum sieht er weit, weit unten Bäume, Wälder, Gebirge, grosse Seen und schliesslich "die ganze Rundung der Welt". Er kann sich gar nicht satt sehen an dem faszinierenden Anblick!

"Blicke nun auch hinaut!" fordert ihn die Stimme auf. Kleiner Rabe schaut aufwärts und erblickt durch eine Art Fenster unzählige Sterne, so nah, als könne er sie greifen. Er ist völlig hingerissen, so etwas hat er noch nie zuvor gesehen! Als die Stimme ihn auffordert, nun geradeaus zu schauen, muss er sich mit Gewalt von dem phantastischen Blick auf den Sternenhimmel losreissen. Er schaut nach vorn - und ist zu Tode erschrocken! Entsetzt starrt er auf sein eigenes Ebenbild! Das bin ja ich! denkt er. Wie ist so etwas möglich? Die Stimme redet nun beruhigend auf ihn ein, und was sie dem verwirrten Indianerknaben erläutert, ergibt für diesen keinen Sinn.

"Siehe", sagt die Stimme, "du bist stets bei mir. Ich sehe ich alle Tage und wache über dir. Ich schaue dich an und weiss, was du machst und ob du krank bist oder wohl."

Doch es soll noch viel phantastischer kommen. Nun sieht Kleiner Rabe neben seinem eigenen Bild vier Indianer. Die Stimme erklärt: "Diese vier sind in dir. Sie werden von dir kommen. Es sind deine vier Söhne, die du einmal haben wirst... Du selbst aber wirst so lange leben, dass dein Haar schneeweiss werden wird."

Kleiner Rabe fühlt eine grosse Freude in sich aufsteigen, Freude über die ihm prophezeiten Söhne, die er einst bekommen werde, und Freude über sein so langes Leben. Fast bedauert er, diesen lichten und abenteuerlichen Raum wieder verlassen zu müssen, doch die Stimme der Person im Hintergrund befiehlt ihm, jetzt nach Hause zurückzukehren. Vor dem Raum harre die Gestalt auf ihn, die ihn hierher begleitet habe.

Als der Knabe den lichten Ort verlassen hat und mit dem schwarzen Wesen wieder zur Erde herabschwebt, erscheint ihm die Höhe, von der sie hinuntergleiten, unermesslich. Und als beiden den Wald erreichen, von dem aus Kagagengs' geheimnisvolle Reise begonnen hatte, wird der Knabe in die Zweige eines Tannenbaumes gesetzt. Er bemerkt verwundert, dass es inzwischen früher Morgen ist und die Sonne eben mit der Hälfte ihrer Scheibe über den Horizont hervorlugt. Kleiner Rabe hatte gar nicht bemerkt, dass inzwischen der restliche Tag und eine ganze Nacht vergangen wr. Er ist immer noch mehr als verwirrt. Die mysteriöse Begleiterin verabschiedet sich jetzt von ihrem Schützling und meint zu diesem:

"Es werden nun bald vier Personen kommen, dich abzuholen. Folge ihnen jedoch nicht, wenn sie dich mit blossen Händen anfassen wollen. Sie sollen sich Blätter von den Lindenbäumen dort in der Nähe abpflücken und zum Schutz benutzen, wenn sie dich berühren. Tun sie dies, dann folge ihnen. Merke dir dies gut! Lebe nun wohl, Kleiner Rabe."

Und schon ist das schwarze Wesen verschwunden, und der Knabe ist allein. Es dauert nicht lange, und er hört Stimmen unter sich. Kleiner Rabe fühlt sich auf einmal total erschöpft. Er ist zu matt, den Kopf zur Seite zu drehen, um zu schauen, wer da unten wohl sei. Plötzlich vernimmt er einen Schrei: "Was ist das? Dort oben im Baum? Ein Mensch! Ja, ja, er ist es! Kommt her, Schwestern, wir haben ihn gefunden!"

Nun erkennt Kleiner Rabe, dass da unten seine vier Schwestern sind, die ausgezogen waren, um ihn zu suchen. Und wirklich pflücken sie sich auf seine Bitte hin Lindenbaumblätter, ehe sie ihn anfassen und ihn vom Baum herunterholen. Sie führen ihn nach Hause ins Dorf, legen ihn auf sein Lager und kümmern sich liebevoll um ihn. Kleiner Rabe muss gepflegt werden, denn er ist so matt und krank, dass er drei Tage lang nicht essen kann.

"Dann aber", so beendet der alte Indianer seinen atemberaubenden Bericht, "fing ich allmählich an, wieder wie die übrigen zu speisen und lebte mit den Menschen, gedachte dabei oft meines Erlebnisses ... Auch ist alles in Erfüllung gegangen, was mir damals verheissen wurde. Ich habe geheiratet und vier Söhne gezeugt, und mein Haar ist weiss geworden. Ich bin nun hundert Jahre alt."



Ojibwa-Indianer


Als J. A. Kohl 1859 in Bremen seine Forschungsergebnisse und seine Erlebnisse bei den Ojibwa-Indianern am Lac du Flambeau in seinem Buch veröffentlichte, war für ihn diese Geschichte lediglich der "Traum eines Indianerknaben". Was ist diese Geschichte für uns heute, gut 200 Jahre später? Wir wissen inzwischen, dass das Erlebnis von Kleiner Rabe viele Parallelen aufweist zu den Erlebnissen heutiger Zeugen, die behaupten, von fremden Wesen entführt worden zu sein, und dies meist an Bord eines Unbekannten Flugobjektes.

Schauen wir uns den "Fall Kleiner Rabe" noch einmal im Detail an; er ist einer genaueren Betrachtung wert. Da ist einmal die Aussage über das Schweben dieser schwarzen Gestalt und das Schweben mit dieser. Im Laufe vieler Jahre mühevoller UFO-Forschung hat sich u.a. ergeben, dass zahlreiche Zeugen das Schweben fremdartiger Wesen beobachtet haben wollen, ja, sogar mit diesen zusammen durch die Luft geschwebt seien - oft auf ein Flugobjekt zu, in das sie dann eingelassen wurden.

Im Jahr 1988 erschien eine engagierte und richtungsweisende Studie über ca. 300 UFO-Entführungsfälle mit dem Titel "UFO Abductions - The Measure of a Mystery". In Auftrag gegeben hatte diese Studie der "Fund for UFO Research" in Maryland, und der Autor Dr. Thomas E. Bullard, ein Folklorist, der an der Universität von Indiana über UFOs und ihre Wechselwirkungen promoviert hatte, kam darin zu dem Ergebnis, dass es in vielen Fällen vorgekommen sei, dass den Zeugen ein fremdes Wesen bis zur Tür einer unbekannten Örtlichkeit (oft eines Unbekannten Flugobjektes) begleitete, schwebend - und den Zeugen, ebenfalls schwebend, wieder zum Boden zurückbrachte.

Wir sehen also, dass Kleiner Rabe sich mit seinem Erlebnis, was den Aspekt des Schwebens und des schwebenden Wesens anbelangt, in guter Gesellschaft befindet.

Wohin mag die mysteriöse schwarze Gestalt den Indianerknaben gebracht haben? Es wäre zu voreilig, aus der Angabe, Kleiner Rabe habe aus diesem lichten Raum heraus auf die Erde herabgeschaut, zu schliessen, er habe sich an Bord eines fliegenden Objektes befunden. Zu viele andere Erklärungen sind möglich, doch halte ich den Aufenthalt an Bord eines Flugobjektes nicht für ausgeschlossen.

Sehr nachdenklich macht auch der Teil der Geschichte, in dem Kleiner Rabe berichtet, dass ihm seine zukünftigen Söhne gezeigt wurden sowie ein Bild seiner selbst, mit der Erklärung verbunden: "Ich sehe dich alle Tage und wache über dir. Ich schaue dich an und weiss, was du machst und ob du krank bist oder wohl." Sollten Vertreter einer fremden Intelligenz den Lebensweg dieses Ojibwa-Knaben überwacht und verfolgt haben? Wenn ja - warum gerade Kleiner Rabe? Zahlreiche weitere Fragen wollen einem einfallen, Fragen, auf die es bislang noch keine alles erklärende Antworten gibt.

Noch ein Aspekt dieses Berichtes fällt auf: die grosse Abgechlagenheit und Mattigkeit nach Ende des Erlebnisses von Kagagengs. Drei Tage lang will er praktisch pflegebedürftig gewesen sein. Sollten wir es hier mit einem der sog. Post-Abduction-Symptome zu tun haben, die Dr. Jacobs, Professor für Geschichte an der Temple Universität, im Jahr 1975 in seiner Doktorarbeit auflistete? Gemeint sind damit die typischen Auswirkungen der Entführungserlebnisse innerhalb des UFO-Phänomens, die medizinischer Natur sind und von zurückgebliebenen Narben über Schmerzen, Hautverbrennungen und andere Folgeerscheinungen bis hin zu extremer Mattigkeit reichen.

Und was mag hinter dem bizarren Detail der Geschichte von Kleiner Rabe stecken, das besagt, er habe sich nicht mit blossen, ungeschützten Händen anfassen lassen sollen? Wir wissen es nicht. Möglicherweise findet sich zukünftig eine Erklärung für diesen Aspekt des Indianererlebnisses, wenn die UFO-Forschung weitere Fortschritte gemacht hat.

Nach all dem lässt sich sagen: Warum sollte Kleiner Rabe's angeblicher "Knabentraum" ausgerechnet einem Muster folgen, das 200 Jahre später sich im Laufe der UFO-Forschung als typisch herauskristallisieren sollte? Ausserdem erwähnte Kleiner Rabe dem Ethnologen Kohl gegenüber mit keiner Silbe, geschlafen und geträumt zu haben. Nein, geben wir es zu: diesem so bizarren und phantastischen Bericht eines hochbetagten Ojibwa-Indianers liegt ein reales Erlebnis zugrunde.


Die Begegnung der Vierten Art des Ojibwa-Indianers Agabé-Gijik

Während seines Aufenthaltes im Dorf der Ojibwa-Indianer im Jahr 1855 lernte der Ethnologe Kohl den alten Indianer Agabé-Gijik kennen, der dort eines Tages als Besucher auftauchte. Die Übersetzung des Namens dieses Ojibwa schrieb Kohl auf als "The End of the Projecting Cloud = Das Ende der Erhabenen Wolke", und der Länge des Namens wegen redete er in seinem Buch später vereinfachend von "Wolke". Dieser greise Indianer war wesentlich gesprächiger und leichter zugänglich als Kleiner Rabe.




Ojibwa-Indianer in Kanus


Der Forscher Kohl nutzte den Aufenthalt von "Wolke" im Indianerdorf, um sich von ihm ein Erlebnis erzählen zu lassen, das dieser als 14-jähriger Knabe hatte. Beide Indianer - Kleiner Rabe und Wolke - waren nachweislich nicht voneinander beeinflusst und wussten sehr wahrscheinlich nicht einmal von der Tatsache, dass sie beide ein Erlebnis gehabt hatten, das einige erstaunliche Parallelen aufweist. Neben diesen Parallelen gibt es auch auffällige Unterschiede, auf die ich noch eingehen werde. Hören wir zuerst einmal, was dieser Indianer dem Ethnologen Kohl berichtet.

Wolke ging an eine einsame Stelle im Wald und machte sich ein Lager in einer hohen Rottanne. Der Indianerknabe wollte ein paar Tage fasten, um "seinen Traum" zu bekommen. Als Knabe ausgezogen, würde er dann als Mann ins Dorf zurückkehren und damit in einen neuen Lebensabschnitt eintreten. Doch was dann kam, war kein Traum, sondern ein ganz unerwartetes Zusammentreffen mit dem Unerklärlichen.

In der Nacht, so erzählte Wolke dem aufmerksamen Zuhörer, "da vernahm ich auf einmal ein Rauschen und Wehen in den Zweigen. Es war, wie wenn ein schwerer Bär oder Elch durch die Büsche und Wälder bricht. Mich überfiel eine grosse Furcht. Ich dachte, es wären ihrer zu viele, eine ganze Menge, und ich wollte Anstalten zur Flucht machen. Der aber, welcher sich mir näherte, erriet meine Gedanken und sah meine Furcht schon von ferne, und er liess es daher, indem er ganz zu mir heranschwebte, gemacher und stiller angehen, und er liess sich sanft und mild auf die Zweige meines Baumes mir zu Häupten nieder."

Auch hier haben wir es also mit einem heranschwebenden Wesen zu tun, das, ebenso wie bei Kleiner Rabe, unerwartet aus der Luft heraus auftaucht. Wolke beschrieb diese Gestalt nicht genauer, sprach Kohl gegenüber nur vage von einem "Geist". Auffallend ist hier die Erwähnung vom Rauschen und Wehen in den Zweigen bei der Annäherung des mysteriösen Wesens. Beides - das Geräusch beim Näherschweben zu Wolke sowie das An-der-Hand-fassen des Kleinen Raben durch eine fremdartige Gestalt - deutet auf ein materiell anwesendes und damit reales Wesen hin.

Wolke erzählte weiter. "Daraufhin fing der Geist an, mit mir sich zu unterreden, und er fragte mich:

'Fürchtest du dich, mein Sohn?'

'Nein', erwiderte ich, 'jetzt schon nicht mehr.'

'Warum bist du hier in diesem Baum?'

'Um zu fasten.'

'Warum fastest du?'


'Um Stärke zu erlangen und mein Leben zu wissen.'

Der Geist: 'Das ist gut, denn es fällt trefflich mit dem zusammen, was eben jetzt anderswo für dich geschieht. Es steht ganz in Harmonie mit dem Auftrage, den ich an dich habe ... Ich bin beauftragt, dich einzuladen, damit du selber schaust und vernähmest. Komm, folge mir!'"

An dieser Stelle unterbrach Kohl den Redefluss des alten Indianers. Er fragte ihn: "Sprach der Geist dies laut?"

Über diese eingeworfene Frage ist dem Ethnologen jetzt nach mehr als hundert Jahren sicher jeder UFO-Forscher dankbar, denn die Antwort lässt jeden, der sich ein wenig mit dem UFO-Phänomen auskennt, aufhorchen.

Wolke antwortete: "Nein. Es war auch keine gewöhnliche Unterhaltung; ich glaube auch nicht, dass ich laut sprach. Wir sahen uns beide gegenseitig ins Herz und errieten und erblickten unsere gegenseitigen Gedanken."

An dieser Stelle sollte unbedingt erwähnt werden, dass auffallend viele unserer heutigen UFO-Zeugen aussagen, dass die fremden Wesen, mit denen sie konfrontiert wurden, mit ihnen kommunizierten. Dabei hatten sie aber keine Stimme gehört, sondern die Worte "in ihrem Kopf" vernommen. Ein Zeuge schilderte nach Angaben des UFO-Forschers Raymond E. Fowler die Art, sich mit den Fremden zu verständigen "fast so, als würde man etwas im eigenen Kopf denken." Andere Zeugen wiederum beschrieben es so: "Die Augen der Wesen sprachen mit mir ...", während andere Betroffene "wussten, was die Wesen denken." Ein Zeuge in Utah erläuterte diese Kommunikationsform mit den rätselhaften Gestalten auf folgende Weise: es sei ihm so vorgekommen, als hätten "die kleinen Wesen mit ihren Köpfen an mich gedacht." Betty Andreasson, eine der bekanntesten Entführten, sagte aus: "Sie sprechen mit mir, aber micht mit ihrem Mund."

Der Indianer Wolke beschrieb die gleiche Kommunikationsform also sehr einleuchtend und treffend, als er Kohl schilderte, er und der "Geist" hätten sich gegenseitig ins Herz geschaut und ihre Gedanken erblickt.

Die schon erwähnte Studie des Dr. Bullard über ca. 300 Entführungsfälle kam zu folgendem Ergebnis: "Von 124 Fällen mit Kommunikation schlossen 98 (79 %) Telepathie, Gedankenübertragung, ein, oder der Zeuge konnte die Wesen verstehen oder sie hören, ohne dass sich ihre Münder bewegten oder ohne eine offensichtliche Gehörleistung zu erbringen."

Doch zurück zu Agabé-Gijik, dem Indianer Wolke, und dessen aussergewöhnlichem Erlebnis, das doch so aktuell wirkt. Was Fowler über das typische Zuammentreffen eines Betroffenen mit einem (oder mehreren) fremdartigen Wesen schreibt, könnte nicht besser zu Agabé-Gijik passen: Sobald sich Entführer und Entführungsopfer "gegenüberstehen, beginnt die erste Kommunikation. In manchen Fällen findet sie statt, wenn der Entführte mit den Ausserirdischen ausserhalb des Schiffes zusammentrifft. Ist das so, dann beruhigen die Ausserirdischen normalerweise den Zeugen und bitten ihn, ihnen zu folgen."

Heute reden wir nicht mehr so selbstverständlich von "Ausserirdischen", da wir weniger denn je wissen, um wen es sich bei diesen Vertretern einer fremden Intelligenz handelt, die mit uns so nachhaltig Kontakt hält, doch das ändert nichts daran, dass sich bestimmte Ablaufmuster oft wiederholen bei zahlreichen voneinander unabhängigen Zeugen, und dies Muster zeigt sich auch bei Wolke:

Ein fremdes Wesen schwebt herbei: erste Kontaktaufnahme, dann gleich die Kommunikation (in diesem Fall in der Art von Gedankenübertragung), dann das obligatorische Beruhigen des Zeugen, bei Kleiner Rabe durch ein "Fürchte dich nicht!", bei Wolke - vielleicht telepathisch bewirkt? -: "Fürchtest du dich, mein Sohn?" - "Nein, jetzt schon nicht mehr!". Und dann die Aufforderung, zu folgen. Wie alle anderen Entführungsopfer auch, gehorchte Wolke dieser Aufforderung. Er erzählte dem Ethnologen Kohl weiter:

"Als er mir befahl, ihm zu folgen, erhob ich mich auch von meinem Lager, ohne mein Zutun und ohne meinen Willen, leicht und wie von selbst, wie ein Geist, der aus dem Grabe ersteht, und folgte ihm durch die Luft. Der Geist schwebte mir voran nach Osten, ich ihm nach. Obwohl wir in der Luft schwebten, so ging ich doch so sicher wie auf fester Erde, und es kam mir vor, als gingen wir einen hohen Berg hinan, immer höher und höher ostwärts."

Diese letzte Aussage ist mehr als mysteriös. Ein Schweben durch die Luft - und doch das Geühl als schreite (oder stehe?) man auf festem Boden - was könnte Wolke damit gemeint haben? Als sicher entnehmen wir dem Geschilderten nur, dass beide sich offensichtlich aufwärts, nach oben, fortbewegten, gleichzeitig in östlicher Richtung.

Was hier zutage tritt, ist wohl einmal mehr die ärgerliche "Grenze der Sprache". Man muss bedenken, dass für den Eindruck, den ein Geschehen auf einen Zeugen oder ein Entführungsopfer macht, sein Standort wesentlich ist. Damit gemeint ist in erster Linie sein geistiger Standort, sein Weltbild, sein Horizont von Denkmöglichkeiten, in dem er dieses Erlebnis wahrnimmt. Mit diesem geistigen Standpunkt hängt die Sprache, in der man lebt und sich ausdrückt, eng zusammen, also die Möglichkeit, Empfindungen auszudrücken, Eindrücke in Worte zu fassen und Wahrnehmungen zu deuten (z.B. ein grelles Licht als "Sonne" wie bei Kleiner Rabe), und diese somit in den Horizont der Welterfahrung, in der man lebt, einzuordnen. Unter diesem Aspekt ist auch mit Vorsicht an die Erzählung von Wolke heranzugehen. Wir sollten dies im Auge behalten bei der weiteren Schilderung seines Knabenerlebnisses.

"Als wir nach langer Zeit auf dem Gipfel angekommen waren, fand ich daselbst einen Wigwam gebaut, in den wir eintraten", so fuhr der alte Indianer fort. Er sagte nicht, dass sie den Gipfel eines Berges erreichten, redete nur vom Ankommen auf einem Gipfel. Auf dem Gipfel von was? Wir wissen nur, dass beide in östlicher Richtung aufwärts geschwebt waren. Worauf war das, was Wolke als Wigwam deutete, gebaut? Fand er vielleicht ein in der Luft schwebendens Flugobjekt vor, das er nur aus seiner Sichtweise heraus als "Wigwam" interpretierte? Was es auch immer war, es hört sich nach einem massiven Objekt an, in das man hineingelangen kann. Lassen wir Wolke erzählen, was er dort vorfand und erlebte.

"Ich erkannte anfänglich nichts als einen weissen Stein, der in der Mitte des Wigwams lag. Als ich aber etwas schärfer blickte, sah ich vier Männer rund um den Stein herum sitzen. Sie luden mich ein, auf dem weissen Stein in ihrer Mitte Platz zu nehmen."

Was nun folgte, hört sich zwar recht bizarr und unglaublich an, doch müssen wir versuchen, den "Dingen hinter den Dingen" nachzuspüren. Der Indianerknabe hatte sich kaum auf diesem "weissen Stein" niedergelassen, als ihn ein sehr merkwürdiges Gefühl verwirrte. Zuerst glaubte er, der "Stein" unter ihm fange an, zu schwinden, und es kam ihm vor, als wolle er mitsamt dem Indianerknaben im Boden versinken. Das hört sich ganz danach an, als habe der Indianerknabe die Bewegung eines fliegenden Objektes am eigenen Leib zu spüren bekommen. Natürlich wissen wir nicht, ob diese Vermutung zutrifft, sie ist auf jeden Fall nicht auszuschliessen. Man erinnere sich an das Gefühl, das man in einem Fahrstuhl hat, wenn dieser fährt!

Einer der Männer liess Wolke kurz aufstehen und bedeckte den "Stein" mit einer Art weissen Tuches (der Indianerknabe verglich es mit einer weissgegerbten Rehhaut).

"Als ich mich nun wieder darauf niederliess, hielt er ganz fest wie ein Baum, und ich sass gut."

Und nun kam der alte Indianer zu einem Augenblick seines Erlebnisses, das einmal mehr vermuten lässt, dass er einen Flugstart erlebt haben könnte. "Einer der Viere nahm das Wort und gebot mir, hinab zu blicken. Als ich es tat, sah ich unter mir die ganze Erde, tief, tief und weit, weit vor mir ausgebreitet."

Der gebannt lauschende Ethnologe warf eine Frage ein: "Schien sie dir rund?"

Wolke antwortete. "Nein, sie hatte vier Zipfel."

Das ist freilich eine aussergewöhnliche Antwort - es sei denn, Wolke habe durch einen viereckigen Sichtschirm oder auf einen Monitor geschaut, auf dem der Blick nach unten auf die Erde erschien. Andererseits wissen wir, dass viele Indianerstämme die Erde viereckig darstellten, und diese Anschauung mag später die Erzählung des Indianers beeinflusst haben.

Wolke war nun, genau wie Kleiner Rabe, ein Blick auf den Sternenhimmel vergönnt: "Alsdann nahm ein anderer der Viere das Wort und befahl mir, aufzublicken. Ich sah empor und sah den ganzen Himmel über mir, ganz nahe. Es war eine entzückende Pracht und herrlich anzuschauen. Ich blickte lange, lange hinauf und vergass fast, wo ich war."

Eine der vier Personen befahl nun dem Indianerknaben, emporzusteigen. Er wies auf die Lehne des harten Sitzes hinter Wolke, und dieser sah verblüfft, dass diese gewachsen war und sich unermesslich in die Höhe ausgedehnt hatte.

"Es waren Absätze darin", berichtete er, "und ich konnte auf ihnen wie auf einer Leiter emporsteigen. Ich erhob mich klimmend und kletternd immer höher, höher und höher, und endlich kam ich zu einem Platze, wo rund um die Säule herum vier weissgekleidete Greise in freier Luft sassen. Eine blendend glänzende Kuppel wölbte sich über ihnen."

Der Indianerknabe fühlte sich merkwürdig "leicht" und wäre am liebsten immer höher und höher geklettert. Die vier in freier Luft schwebenden Gestalten belehrten nun Wolke über seine Zukunft, prophezeiten ihm, ein tüchtiger Jäger zu werden, sowie ein langes Leben.

"Ich stieg dann schnell wieder an meiner langen steinernen Leiter hinab", fuhr Wolke fort. "Ich musste mich aber tüchtig dazu halten, denn ich bemerkte, dass sie unter meinen Füssen zu schwinden anfing, und schnell, wie ein Eiszapfen neben dem Feuer wegschmolz. Als ich unten wieder auf meinem Steinsitze sass, hatte derselbe seine früheren Dimensionen wieder angenommen."

Dies alles hört sich überraschend logisch an, wenn man voraussetzt, dass der Indianerknabe sich an Bord eines Flugobjektes befand, dem Flugobjekt einer überlegenen fremden Intelligenz. Diese merkwürdig wachsende harte Leiter, das Sich-Leicht-Fühlen des Knaben, die in freier Luft schwebenden Gestalten und die wieder zusammenschrumpfende Leiter: das alles hört sich nach einem gut beobachteten und getreu im Gedächtnis aufbewahrten realen Erlebnis an. Für diese merkwürdige Leiter möchte man am ehesten eine technologische Interpretation vorschlagen. Wir haben hier ein typisches Entführungserlebnis vor uns, das eher in unsere heutige Zeit zu passen scheint, als ins 18. Jahrhundert! Und doch liegt es so weit zurück!

Dieser Fall hält noch ein überraschendes Ende für uns bereit. Über seine Rückkehr erzählte Wolke kurz und bündig: "Ich liess mich in mein Nest oder Lager auf der roten Tanne hinab. Ich fand, dass drei Tage darüber vergangen waren."

Sein erzähltes Erlebnis füllt nun aber keine drei Tage aus! Hier haben wir es mit einer typischen Entführungs-Begleiterscheinung zu tun: der verlorenen Zeit. Rätselhafte Zeitlücken im Erleben der Entführten heutigen Tages gehören beinabe schon zur Tagesordnung. Dr. Jacobs zählt das Motiv der "missing time" zu den schon erwähnten Post-Abduction-Symptomen (PAS). Heute vermögen wir durch Hypnose-Rückführung das Geheimnis um manche Zeitlücke bei UFO-Entführungsopfern zu lösen, doch bei dem Indianerknaben Wolke tappen wir völlig im Dunkeln. Woran bemerkte er überhaupt, dass drei Tage vergangen waren? Kohl erwähnt in seinem Buch nichts davon.

Was jedoch auf den ersten Blick im Vergleich mit den modernen Entführungen bei Kleiner Rabe und Wolke fehlt, ist die Sichtung eines fliegenden Objektes durch den Zeugen. Ob sich hinter dem "Wigwam", zu dem aufwärts Wolke mit dem fremden Wesen schwebte, und hinter dem lichtstrahlenden Raum, in den Kleiner Rabe hineingelangte, jeweils ein unbekanntes Flugobjekt verbirgt, können wir nicht wissen. Zu unserem Bedauern konnte freilich der Ethnologe Kohl damals nicht ahnen, welche Zwischenfragen wir gerne von ihm gestellt gehabt hätten - wir würden heute Kleiner Rabe und Wolke mit einer ganzen Reihe von Fragen bombadieren, die bedauerlicherweise für immer unbeantwortet bleiben müssen.



Schwebende Kanoes und Lichtkegel als "Pfad nach oben": die Erlebnisse von Runder Wind und Kleine Fichte
Um mehr über Land und Leute zu erfahren, verliess Kohl das Ojibwa-Dorf und reiste, in Begleitung einiger Indianer und seines Dolmetschers, in die Wohngebiete der benachbarten Sious-Indianer. Dort lernte er den Sioux Runder Wind kennen, der ihm - nachdem ein beiderseitiges Vertrauensverhältnis hergestellt war - etwas Aussergewöhnliches mitzuteilen bereit war. Was Runder Wind etwa zwanzig Jahre zuvor (also ca. 1835) erlebt hatte, liess ihn nie wieder los, und er schnitzte Details seines Erlebnisses in einfachen Bildern auf seine Pfeife, die er stolz dem fremden Bleichgesicht vorführte. Und dann erzählte er...
Eines Tages betrat Runder Wind ein merkwürdiges Gebäude, er glaubte, es sei eine Art Medizin-Wigwam oder ein Tempel. Erstaunt erblickte er ringsherum im Raum viele alte, weise Männer sitzen. Runder Wind stellte sich vor, es handele sich um Krieger und Häuptlinge aus uralten Zeiten. Die Gestalten hiessen den Indianer willkommen und baten ihn, neben einem grossen merkwürdigen Stein in der Mitte des Raumes Platz zu nehmen, auf seiner mitgeführten Trommel zu rühren und zur Ehre des Grossen Geistes zu singen. Runder Wind sah in diesem Raum etwas wie einen grossen Baum stehen, darüber eine "grosse Friedenspfeife mit Federn geschmückt".
Bis hierher eine ganz harmlose, alltägliche Geschichte, so könnte man meinen. Doch was dann geschah, war alles andere als alltäglich.
Während Runder Wind im Kreise dieser alten fremden Männer sass, sah er durch die Öffnung des "Wigwams" von weitem etwas Seltsames durch die Lüfte heranschweben. Zuerst konnte er gar nicht erkennen, um was für ein Objekt es sich da handelte, allmählich aber kam er zu der Überzeugung, es müssten wohl zwei Kanus sein, denn eine andere Vergleichsmöglichkeit hatte er nicht. Das Verblüffendste aber war, dass sie über dem Boden in der freien Luft dahinschwebten - so etwas hatte Runder Wind noch niemals zuvor gesehen. Als die beiden Objekte näher gekommen waren, erkannte der Indianer in beiden je zwei Gestalten mit schwarzen Gesichtern. Die beiden fliegenden Objekte kamen ganz nahe bis zum Eingang des "Medizin-Wigwams" schwebend heran, und dann sah Runder Wind, wie sich plötzlich der Boden unter den Flugobjekten in einem breiten Loch auftat und spaltete. Die beiden seltsamen Kanus schwebten hinab in die Öffnung, die sich gleich darauf wieder über ihnen schloss, und Runder Wind stellte verwirrt fest, dass der Boden die Flugkanus vor seinen Augen verschlungen hatte.
Und dann ein neuer Schreck: einen Augenblick später war Runder Wind allein - der seltsame "Medizin-Wigwam" mitsamt seinen Insassen war spurlos verschwunden, wie niemals dagewesen.


Die Zeichnung des Indianers Runder Wind: oben die schwebenden Kanus, unten der Medizin-Wigwam und in der Mitte das Loch, in das die schwebenden Objekte hineinflogen (Nachzeichnun von J. A. Kohl 1855)

Für den Ethnologen Kohl war es gar keine Frage: selbstverständlich konnte dieses Erlebnis des Sioux-Indianers nur ein "Traumbild" gewesen sein! So leicht machen wir es uns heute nicht mehr. Gegen die Deutung des Geschehens als Traum spricht folgendes: Runder Wind hatte - wie jeder Mensch - unzählige Träume durchlebt im Laufe seines Lebens. Aber nur dieses eine Erlebnis erschien ihm derart aussergewöhnlich, dass er es auf seiner Pfeife verewigte. Keinen seiner Träume, nur diese Begebenheit stellte in Bildern dar. Mit keiner Silbe erwähnte Runder Wind, dass er vor Beginn seines Erlebnisses eingeschlafen sei.
Merkwürdig ist in der Tat das abrupte Ende dieses Geschehens. Kohl drückte es - aus seiner damaligen Sichtweise heraus - so aus: "Gleich darauf ist das ganze Traumbild zerronnen."
Doch gibt es - betrachtet man das Ganze aus dem Blickwinkel der modernen UFO-Forschung - auch ganz andere Erklärungen. Auch heute passiert es vielen Entführungsopfern, dass sie sich plötzlich am Ausgangsort ihres Erlebnisses wiederfinden, ohne zu wissen, wie sie dort hingekommen sind. Thomas E. Bullard spricht von der sog. "Tür-Amnesie" und kennt Fälle, bei denen Zeugen einer Begegnung der Vierten Art einen Blackout erlebten beim Betreten oder Verlassen eines Unbekannten Flugobjektes oder einer mysteriösen fremdartigen Örtlichkeit. Hier kommt wieder der Aspekt der schon erwähnten "missing time" zum Vorschein.
Könnte es nicht bei Runder Wind auch so gewesen sein? Er wusste anscheinend nicht, wie er in diesen fremden "Medizin-Wigwam" geriet und ebensowenig, wie er ihn wieder verliess. Gegen die Deutung als Traum spricht noch folgendes: Ein Indianer, der von fliegenden Dingen träumt, träumt eher von Adlern, Vögeln und Dingen aus seinem kulturellen Umkreis - kurz, von Dingen, die ihm aus seinem Alltag und aus seinem Weltbild heraus vertraut sind. Sicher gibt es wie in jedem Traum bizarre und unlogische Elemente - doch ein Indianer, der von schwebenden Kanus "träumt", die in eine sich öffnende und schliessende Bodenöffnung fliegen - das fällt aus der Rolle. Erst recht, wenn dies gar kein Traum war! Wir dürfen uns mit Recht fragen: Hatte Runder Wind eine Sichtung unbekannter Flugobjekte, verknüpft mit einer Begegnung der nahen Art? Wir sollten diese Frage nicht vorschnell mit Nein beantworten.
Das besondere an den Fällen "Kleiner Rabe", "Wolke" und "Runder Wind" ist die Tatsache, dass sie auf dem Bericht aus erster Hand beruhen. Kohl sprach mit den Zeugen der Erlebnisse persönlich. Wir haben es also nicht mit lange überlieferten Indianermythen zu tun. Selbst wenn man dem französischen Dolmetscher, der Kohl begleitete, einige ungewollte Übersetzungsfehler zugesteht, so haben wir es doch mit authentischen Berichten zu tun, die nicht erst von Generation zu Generation weitergereicht wurden. Bereits vier Jahre nach Kohls Aufenthalt am Oberen See und den angrenzenden Gebieten erschien sein Buch, in dem er seine sorgfältig aufgeschriebenen Forschungsergebnisse sowie diese Indianer-Berichte veröffentlichte. Man kann diesem Ethnologen nur dankbar sein, dass er sich ausser für Hüttenbau, Nahrungsversorgung, Kleidung, Sprachen, handwerkliches Können der Indianer usw. auch noch für deren aussergewöhnliche persönliche Erlebnisse interessierte. Das bedeutet für uns wertvolle "First-hand-Berichte"!
Kehren wir noch einmal zurück zum Lac du Flambeau. Einige Ojibwa-Indianer zeigten Kohl eines Tages das Grab eines grossen, weit berühmten Häuptlings namens Schinguakongse - Kleine Fichte. Kleine Fichte war der Sohn einer Ojibwa-Indianerin und eines schottischen Offiziers, und Kohl hatte das Glück, einige der Nachkommen dieses Indianerhäuptlings kennenzulernen. Stolz erzählten sie Episoden aus dem Leben des berühmten Vorfahren, und eines dieser Erlebnisse geht zurück in die Zeit, als Kleine Fichte ein Knabe von ca. zehn Jahren war. Wir können nur vermuten, dass sich dies Ereignis, um das es hier geht, möglicherweise um Jahrzehnte früher abspielte, als die aufsehenerregenden Erlebnisse von Kleiner Rabe und Wolke, denn die Siedlung am Lac du Flambeau wurde schon kurz nach 1745 errichtet. Folgendes erfuhr Kohl von den Nachkommen des Indianerhäuptlings:
Es ist eine kalte, stürmische Winternacht. Der Wind braust mit Macht ums Lager, und Kleine Fichte liegt frierend und zitternd in der mütterlichen Hütte. Plötzlich hat er das Gefühl, als spräche eine sanfte, liebe Stimme zu ihm. Er schaut sich ängstlich in der Hütte um, kann jedoch niemanden erblicken. Ihm wird ganz mulmig zumute.
"Du armer Schinguakongse", wispert die sanfte Stimme ihm zu, "du bist elend! Komm zu mir!"
Wieder schaut Kleine Fichte sich ängstlich um, kann aber den Verursacher dieser rätselhaften Stimme nirgends entdecken. In diesem Moment erschrickt der Indianerknabe zutiefst. Er gewahrt eine Art leuchtenden Lichtpfad, der bei seiner Lagerstatt beginnt und aus dem Hütteneingang hinausführt - schräg nach oben in die Luft hinauf. Eine innere Stimme sagt ihm, dass dies der Weg sei, den er wandeln solle. Wie unter Zwang erhebt sich der Indianerknabe und bemerkt, wie er in diesem leuchtenden Lichtkegel immer höher und höher hinaufschwebt. Hoch oben, im luftigen Himmel, entdeckt Kleine Fichte nun eine Art "Haus", wo ihn eine menschliche Gestalt, gekleidet in ein weisses Gewand, erwartet.
Was dort mit ihm geschah, davon wissen seine Nachkommen nur noch zu berichten, dass diese Gestalt dem Knaben "Bilder" zeigte, Szenen, auf denen Zelte, Menschen, Reiter, Krieger und Kämpfer zu sehen waren. Dann belehrte die fremde Gestalt den Knaben über seine Zukunft und prophezeite ihm, dass er ein grosser Held werden würde. Danach sei Kleine Fichte wieder diesen schwebenden, leuchtenden Lichtpfad "hinabgestiegen" und in der Hütte auf seinem Lager gelandet. In diesem Moment sei der leuchtende Lichtkegel spurlos verschwunden - und Kleine Fichte glaubte, dies alles nur geträumt zu haben. Wie sonst sollte er sich dies aussergewöhnliche und mysteriöse Erlebnis erklären?
Kleine Fichte wäre sicher sehr erstaunt - und getröstet? - gewesen, wenn er geahnt hätte, dass sein Hinaufschweben auf einem "leuchtenden Pfad" zu einem unbekannten, im Himmel schwebenden Objekt einige hundert Jahre später zu DEN typischen Details gehören sollte bei den modernen UFO-Entführungen.
Solch ein "leuchtender Pfad" - ein Lichtstrahl oder Lichtkegel - ist ein äusserst rätselhaftes Phänomen, gestern wie heute. In zeitgenössischen Berichten unserer Entführungsopfer und Zeugen werden immer wieder folgende Eigenschaften eines solchen Lichtkegels geschildert:
  • es dient als eine Art "Aufzug"
  • es wurde beobachtet, wie ein fremdes Wesen (oder mehrere) darin hinauf- oder hinabschwebten oder beides
  • es wurde beobachtet, wie Objekte darin hochgehoben oder wie Betroffene darin hochgehoben wurden
  • Zeugen erlebten, innerhalb eines Lichtkegels hinaus und / oder hinab zu schweben, allein oder in Begleitung eines oder mehrerer fremder Wesen
  • Zeugen erlebten, wie sie ein Lichtkegel niederpresse oder verletzte oder lähmte

Auch in der schon mehrmals erwähnten Studie über ca. 300 Entführungsfälle des Dr. Bullard wird Stellung genommen zu diesem interssanten Aspekt des UFO-Phänomens: "Wie Lichtstrahlen ... in Beziehung zum Schiff stehen, bleibt schleierhaft, aber ihre Bedeutung ist bei der Entführung klar. In 61 Fällen berichteten die Zeugen, dass ein Licht sie im Auto oder im Schlafzimmer traf, oder sie von Licht überschüttet wurden. Dieses Licht kann direkt vom Schiff oder von einem Wesen ausgehen ... Die übliche Position des Lichtvorfalls ist am Anfang der Geschichte während der Gefangennahme anzusiedeln, wo ein Strahl die Aufgabe hat, dem Zeugen seine mentale und physische Freiheit zu nehmen."

Die Studie weist dann ausdrücklich darauf hin, dass sich in vielen Fällen mit dem Lichtstrahl oder -kegel eine Art ziehende Kraft verbindet, die den Zeugen hinauf zu einem Objekt schweben lässt.

So und nicht anders geschah dies ja auch bei dem Indianerknaben Kleine Fichte. Was Dr. Johannes Fiebag in seinem Artikel "Erstkontakt" schreibt, könnte nicht besser zum Fall Kleine Fichte passen: "Plötzlich im Zimmer auftretende unerklärliche Lichter, die sich von draussen herein bewegen, sind ein geläufiges Sekundärphänomen, das in der Regel den Beginn oder das Ende eines Entführungserlebnisses anzeigt."

Erinnern wir uns: Während ein wesenlose fremde Stimme zu Kleine Fichte spricht, leuchtet plötzlich ein "leuchtender Pfad" von oben herab hinein in die Indianerhütte bis ans Lager des Knaben. Dieser schwebt daraufhin aufwärts zu einem Objekt, hat dort die Begegnung mit einem Wesen, verknüpft mit einer "Bildershow" und einer Zukunftsprognose, und zum Schluss schwebt der Knabe wieder im Lichtkegel herab - und ist wieder auf seinem Lager, der "leuchtende Pfad" aber ist verschwunden.

Solch ein Szenario könnte ebensogut gerade eben in unserer Zeit geschehen sein, tauscht man die Indianerhütte mit einem modernen Haus aus. Bei all diesen frühen Fällen - die Entführung von Kleiner Rabe, Wolke, Kleine Fichte sowie die Sichtungen fliegender Objekte durch Runder Wind - sind die Parallelen zu den heutigen Entführungsfällen unübersehbar und überzeugend. Begegnungen der Vierten Art gab es bereits vor ca. 200 Jahren, und sehr wahrscheinlich noch viel früher. Alle hier geschilderten Fälle tragen sich auffallenderweise zwar in einem begrenzten Gebiet innerhalb der kanadischen Seenplatte zu und in einem begrenzten Zeitraum - 18. / 19. Jh. -, doch könnte es viele weitere Fälle ähnlich diesen geben, von denen wir gar nichts wissen, weil nicht allerorten ein Ethnologe wie J.A. Kohl durch seine positive Neugier den Indianern gegenüber durch Zufall solche Erlebnisse hören, aufschreiben und veröffentlichen konnte.

Eine uns jedoch bekannte Parallele ist der Fall Schwarzer Hirsch - Black Elk -, eines Sioux-Ogallala-Indianers, der als Knabe mehrere Entführung-Erlebnisse hatte, bei denen er von schwebenden humanoiden Wesen kontaktiert wurde und dann einen Flug mit einer "Wolke" machte.

Black Elk

Black Elk besucht eine "Hütte" droben im Himmel

Black Elk wird auf einer "Wolke" in den Himmel getragen
Hier ist uns sogar das genaue Datum bekannt: 1868 - im Alter von fünf Jahren - hatte er seine erste Nahbegegnung, und 1872 erlebte er seinen "Wolkenflug". Black Elk erzählte später einem Weissen, John Neihardt, seine Geschichte, der sie später veröffentlichte. Wie viele derartige Fälle mag es noch geben, von denen wir bislang noch nichts wissen? Hier lohnt eine Spurensuche unter dem Blickwinkel der UFO-Forschung allemal!
Literatur:
Bullard, Thomas E.: UFO Abductions: The Measure of a Mystery. Mound Rainier 1987
Fiebag, Johannes: Erstkontakt. In: New Scientific Times, Nr. 2, Langenthal 1996
Kohl, Johann Georg: Kitschi-Gami oder Erzählungen vom Oberen See. Bremen 1859
Neihardt, John G.: Schwarzer Hirsch: Ich rufe mein Volk. München 1962
Stöcklin, Nando: Geschichte der Ojibwa. In: Magazin für Amerikanistik, Nr. 3, Wyk 1998































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