Mittwoch, 28. Januar 2009

Miami Circle

Gisela Ermel

Rätselhafter Kultort hält Stadt in Atem - Spekulationen um seltsamen "Zufallsfund"

In: Mysteries, Nr.8, März/April 2005, Basel 2005



Sommer 1998. Zwischen malerischen Wolkenkratzern und dem blauen Meer der Biscayne Bay buddeln ein paar Archäologen und freiwillige Helfer auf einem Abrissgelände der Stadt Miami in der Erde nach Indianerartefakten.





Archäologischer Ausgrabungsplatz in Miami



Die Ausgräber unter der Leitung von Robert Carr, dem Direktor der Miami-Dade-County Historic Preservation Division, werden nicht enttäuscht. Unzählige Tonscherben, verkohlte Holzfragmente, Perlen, Tierknochen, Feuersteinstücke und vieles mehr können sie ans Tageslicht befördern. Doch dann ist es vorbei mit der Ruhe.

An einem dieser friedlichen Tage nämlich macht Ted Riggs - Hobby-Archäologe und ehemaliger Bewohner des Apartmentgebäudes aus dem 50er Jahren, das hier abgerissen worden war - einen unerwarteten Fund. Just an dem Platz, an dem ein hypermoderner zweitürmiger Hochhauskomplex entstehen soll, entdeckt er ein paar merkwürdige rechteckige Löcher im Kalksteinfelsboden.

Riggi stutzt. Waren diese Löcher tatsächlich angeordnet wie ein Bogen? Sollten sie etwa insgesamt eine grosse Kreisform bilden? Nachdem er seine "Chefs" auf die Entdeckung aufmerksam gemacht hat, gräbt ein Schaufelbagger seine metallene Klaue ins Erdreich, immer entlang der roten Linie, die Riggs mit fluoreszierender Farbe gezogen hatte.

Fieberhaft arbeitet man weiter und stösst dabei auf einen merkwürdigen 12 Meter Durchmesser messenden Kreis von etwa 20 bis 30 mehr oder weniger rechteckigen Löchern.



Erbe eines verlorenen Volkes?

Was hatte man da freigelegt? Wer hatte diese Löcher geschaffen? Natur oder Menschenhand? Hatte man gar die Reste eines mysteriösen prähistorischen Monumentes gefunden? Womöglich gar das Vermächtnis eines verlorenen Volkes?

Ted Riggs sollte später in Interviews immer wieder erzählen, was ihm damals durch den Kopf gegangen war: "Das sieht aus wie ein Negativ von Stonehenge! Statt Steinsäulen - Löcher!"





Rätselhafter Fund: Kreis von Löchern im Kalksteinfelsboden



Die Archäologen taten, was sie immer dann tun, wenn sie einen rätselhaften Fund machen: Sie kontaktieren per Telefon, Fax und Internet all ihre Kollegen in der ganzen Welt, um sich mit ihnen darüber auszutauschen, ob es schon einmal irgendwo einen ähnlichen oder identischen Fund gegehen hatte. Ergebnis: Es gab nichts Vergleichbares.

Im Winter 1999 war es mit der Ruhe am Ausgrabungsplatz definitiv vorbei, als sich Ted Riggs an die Medien wandte. Am 20. Dezember kabelte der TV-Sender CNN die Nachricht in alle Welt: "Mysteriöser Steinkreis am Ufer des Miami River ausgegraben!"

Die Archäologen, so hiess es, seien uneins über Ursprung und Bedeutung dieses rätselhaften Stonecircle. Die Vermutung, dass man es aufgrund der gefundenen Artefakte wohl eher mit einer ehemaligen Tequesta-Indianer-Siedlung zu tun habe, rückte mehr und mehr in den Hintergrund.



Astronomisch ausgerichtet

Stattdessen machte bald eine andere Spekulation die Runde. Der Cirlce sei ein astronomischer Himmelskalender! Entdecker Ted Riggs habe festgestellt, dass der Kreis in Nord-Süd-Ausrichtung angelegt worden sei und die Löcher einst wohl Steinpfosten enthalten hätten. Die Anlage habe seiner Meinung nach den Maya einst als Observatorium gedient, las man bald darauf im "Miami Herald".







Ted Rigg's Maya-Theorie erschien in etlichen Zeitungen



Die Medienberichte mobilisierten die ganze Stadt. Vor allem interessierten sich Reporter für zwei Steinäxte, die im Circle gefunden worden waren. Äxte, wie man sie sonst nur von den Maya Mittelamerikas kannte.

Schon bald strömten Schaulustige in Scharen zum Ausgrabungsplatz am Brickell Point. Tag für Tag erschienen selbsternannte Experten mit neuen Theorien, Touristen, Geschäftsleute und Büroangestellte aus den nahen Hochhäusern. Ja sogar Hochschulstudenten tauchten auf - mit dem Wunsch, mitzuhelfen oder wenigtens den sonnengebräunten "Relic Hunters" bei der Arbeit zuzusehen.

Die überbordende Begeisterung erhielt schliesslich einen empfindlichen Dämpfer, als der "Miami Herald" am 17. Januar 1999 verkündete: "Vergangenheit in Gefahr!"

Erst jetzt wurde bekannt, dass binnen weniger Wochen die Bulldozer des Grundstückbesitzers das "amerikanische Stonehenge", wie es ein paar Übereifrige bereits getauft hatten, niederwalzen würden.
Weder der Grundstücksbesitzer noch die Stadt Miami schienen willens oder fähig, die Bulldozer aufzuhalten. In einem Akt der Verzweiflung versuchte ein von den Archäologen angeheuerter Bildhauer, einen Abguss der Formation anzufertigen, während neben ihm und den Ausgräbern bereits begeistert über einen antiken UFO-Landeplatz spekuliert wurde, ebenso wie über Maya-Indianer oder über heilige Indianer-Tempel.
Besucher des Plaztes plünderten mit Begeisterung die Abfallhaufen, um Souvenirs mitzunehmen. Die Presse schwelgte in Schlagzeilen und schwärmte: "Amerikas jüngste Metropole, eine Stadt ohne Geschichte, hat nun auf einmal eine ältere und interessantere Geschichte, als irgendjemand sich jemals vorzustellen wagte!" Die Archäologen mussten sich daran gewöhnen, interviewt, gefilmt und fotografiert zu werden.
Endgültig weltbekannt wurde der Miami Circle Ende Januar 1999, als die beliebte Radio Show von Art Bell über das "amerikanische Stonehenge" berichtete und damit eine Schlacht für die Rettung der Anlage einläutete.
Das Bombardement an Anrufen, Faxen und E-Mails erzürnter Circle-Retter war überwältigend. Als dann gar noch eine Abordnung von Seminolen-Indianern den Ausgrabungsplatz aufsuchte, liess der Grundstücksbesitzer das Ausgrabungsfeld mit einem Zaun absperren. Davor wurde geschimpft, meditiert, gebetet und gewacht - ganz Miami schien auf den Beinen zu sein.

Das Logo der "Save the Circle"-Aktion
Um dem Wust an Vermutungen, Theorien, Erklärungen und Spekulationen entgegenzutreten, wurde im Februar 1999 ein Meeting anberaumt, auf dem die Archäologen ihre Ergebnisse und Meinungen kundtun sollten. Vor einem bis auf den letzten Stehplatz besetzten Saal und einem Wald von Kameras und Mikrophonen versuchte Archäologe Richard Carr zunächst einmal, den Kreis zu beschreiben.

Skizze des Miami Circle
So wies er darauf hin, dass im und um den Hauptkreis hunderte, anscheinend wahllos verteilte kleine Löcher gefunden wurden. Alle diese Löcher waren offenbar mit prähistorischen Werkzeugen angelegt worden. Das Bemerkenswerteste aber war die perfekt runde Anordnung der Hauptlöcher.
Euphorie und Zurückhaltung
Wozu hatten all die Löcher einst gedient? Und wie alt waren sie? Als ein Zuhörer auf die astronomische Ausrichtung der Löcher hinwies, war Ted Riggs in seinem Element. Der Kreis sei - erkenntlich an vier sehr grossen und tiefen Löchern, die über den normalen Kreisrand hinausgehen - kardinal ausgerichtet, und darüberhinaus markiere eine Linie kleiner Löcher einen Punkt am Horizont, der ein Sonnwenddatum bezeichne.
Die Archäologen selbst hielten sich mit ihren Meinungen zurück. Man habe noch zu ungenaue und zu wenig Daten. Statt dessen berichteten sie über die Tequesta-Indianer, die im "Miami Herald" bereits als "das verlorene Volk von Florida" vorgestellt worden waren.
Auffallend war, dass man bislang noch nichts gefunden hatte, das die Tequesta-Indianer aus Stein hergestellt hatten. Selbst die beiden Steinäxte aus dem Circle mussten "eingeführt" worden sein, denn das entsprechende Material hierfür gab es erst in weit entfernten Gegenden.
Konnten die Tequesta also überhaupt die Erbauer des Circle gewesen sein? Oder hatten sie den Circle nur vorgefunden und dann für zeremonielle Zwecke genutzt? Ebenso relevant sei, so erläuterte Robert Carr, dass die Tequesta keine Landwirtschaft betrieben hatten. Wozu also hätte ein astronomischer Kalender - wenn denn der Circle überhaupt einer war - dienen sollen?
Wie alt aber war denn nun der Kreis? Robert Carr gab auf dem Meeting bekannt, dass die gefundenen Artefakte auf eine Zeit vor 1000 bis 2000 Jahren verweisen - doch das sage gar nichts aus über die Entstehung des Kreises.
26,7 Millionen US-Dollar!
Am 29. September 1999 überraschte der "Miami Herald" seine Leser schliesslich mit der Nachricht, dass sich der Grundstücksbesitzer und das County auf einen Kaufpreis hatten einigen können: 26,7 Millionen Dollar - gut eine Million Dollar pro Circle-Loch!
Der Miami Circle, im Hintergrund die Statue eines Tequesta-Indianers auf einer Säule
Da immer noch nicht klar war, was der Circle denn nun sei, wurde ein Team von Staatsarchäologen nach Miami geschickt. Und so begannen im Oktober 1999 Ausgrabungen unter Dr. Ryan Wheeler von der University of Florida. Mit modernsten Gerätschaften auf der einen Seite und altbwährter Muskelkraft andererseits sollte das Rätsel um den Circle endgültig gelüftet werden.
Mechanische Stangenbohrer und spezielle Schaufelbohrer kamen ebenso zum Einsatz wie ein Radargerät, das nach unterirdischen Merkmalen zu suchen hatte und feststellen sollte, ob unter der Erde noch weitere Überraschungen schlummerten.
Immer mehr kleine Löcher wurden entdeckt und immer mehr Artefakte kamen zum Vorschein, die allesamt auf ein ungefähres Alter von 1500 bis 2000 Jahre datiert wurden.
Nachdem der Circle nun gerettet war, kehrte auf dem Ausgrabungsplatz endlich wieder Ruhe ein. Keine TV-Helikopter mehr, keine Reporterschwärme - das Interesse der Öffentlichkeit flaute allmählich ab. Dennoch wurden weiterhin neue Theorien aufgestellt. So behauptete ein Archäologe, all die Löcher seien einst Pfostenlöcher für Pfahlbauten gewesen, gruppiert um das Häuptlingshaus - den Circle.
Neue Touristenattraktion
War das Geheimnis um den Miami Circle damit gelöst? Lag hier doch kein amerikanisches "Stonehenge", keine moderne Abwasseranlage, wie Skeptiker spekuliert und kein UFO-Landeplatz, wie andere gehofft hatten? Nichts war klar - alles offen. Die Anlage war zwar gerettet, aber ihr Rätsel nicht gelöst.
Inzwischen gehört der Miami Circle ebenso selbstverständlich zu den Touristenattraktionen wie ein Abstecher in die Everglades. Seit Anfang 2003 kann man auch endlich die ausgegrabenen Artefakte bestaunen. Im Historischen Museum der Stadt werden sie Besuchern stolz präsentiert.
Der Miami Circle - eine unendliche Geschichte? Noch immer dauern die Forschungen an. Und so bleibt der Kreis, was er von Anfang an war: ein Puzzle aus Fakten, Hypthesen, Vermutungen und Spekulationen.
Mehr zum Thema:
Gisela Ermel
Geheimnisvoller Miami Circle
Auf den Spuren eines archäologischen Rätsels
Bohmeier-Verlag, Leipzig 2003
ISBN 3-89094-400-0
86 Seiten, mit Abbildungen
Inhalt:
Sommer 1998: Die Entdeckung
Winter 1998/1999: Die sensationelle Nachricht
Februar 1999: Das erste Meeting, der Circle, die Tequesta
Februar 1999: Erste Rettungspläne und ein Radioexperiment
Februar 1999: Die Steinmetz-Aktion
Februar 1999: Demonstrationen und Spekulationen
Februar / März 1999: Ein erster kleiner Sieg
April 1999: Der Abwasseranlagen-Skandal
Sommer 1999: Der Circle - eine prähistorische astronomische Anlage?
Intermezzo I: Amerikanische Stonehenges
Sommer 1999: Die Basalt-Äxte - Das Aus für die Maya-Theorie?
Intermezzo II: Die phantastischen Moundbuilder
Herbst 1999: Die "Spucknapf"-Theorie
Herbst/ Winter 1999: Der Circle ist gerettet!
2000: Neue Grabungen und noch eine Theorie
2001 bis heute: Neue Pläne, neue Funde und Touristenalltag




















Dienstag, 27. Januar 2009

Rätselhafte Moundbuilder

Gisela Ermel

Vortrag, gehalten auf dem One-Day-Meeting der Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI, München, Oktober 2007



Bevor ich auf mein eigentliches Thema - die Moundbuilder - zu sprechen komme, möchte ich ein paar Worte über das Phänomen Kultursprung sagen. Was ist ein Kultursprung? Nach Meinung der Archäologen etwas, das es gar nicht geben dürfte. Ein Volk kann nicht einfach so ein paar Entwicklungsstufen auslassen und auf einer sehr viel höheren Stufe weitermachen. Es sei denn, es kommt in Kontakt mit höherstehenden Kulturbringern.

Genau dies aber - das plötzlich vorhandene Know how auf Hochkulturniveau - gab es im prähistorischen Nordamerika, und zwar schon ab einer Zeit vor fast viertausend Jahren. Um es gleich auf den Punkt zu bringen: die Moundbuilder als eine gemeinsame Kultur gibt es nicht. Es handelt sich um ganz unterschiedliche Kulturen, die vor allem eines gemeinsam hatten: sie bauten mit Erde.

Vor gut 4000 Jahren streiften kleine Gruppen von Jägern und Sammlern über den nordamerikanischen Kontinent. Es war eine Zeit der Nomaden, ohne übergeordnete Organisation, eine Zeit der einfachen mobilen Behausungen, der Steinwerkzeuge und Speerspitzen.



Poverty Point

Doch dann geschah etwas Mysteriöses. Irgend jemand versammelte Hunderte dieser primitiven Jäger und Sammler, um sie ein vorgeplantes und arbeitsaufwendiges Grossprojekt durchführen zu lassen. Was hier nun geschah, bezeichnen die Archäologen als "kulturellen Big Bang": praktisch von einem Tag auf den anderen erbauten die Menschen eine Struktur, zu der hochstehendes Knowlegde ebenso vorhanden gewesen sein muss wie Logistik, Kontrolle und Organisation auf hohem Niveau.



Zeichnerische Rekonstruktion von Poverty Point (Jon Gibson)



Die zentrale Struktur von Poverty Point - so wird dieser archäologische Fundplatz in Louisiana heute benannt - war ein halbkreisförmiger Komplex, bestehend aus sechs Ringwällen mit vom Zentrum sternförmig ausgehenden Gängen. Anfangs wunderten sich die Archäologen, dass diese Gänge nicht perfekt symmetrisch angelegt worden waren, und frühe Skizzen des Fundplatzes korrigierten stillschweigend die Masse, um eine nicht vorhandene Symmetrie vorzutäuschen.



Ältere Zeichnung von Poverty Point



Doch die Ergebnisse der modernen Ausgrabungen und Vermessungen zeigen ganz klar, dass diese Struktur genau so geplant wurde und alles genau da steht, wo man es haben wollte.

Seit den 1970er Jahren wissen wir, dass die gesamte Anlage von Poverty Point auf der Basis eines ausgeklügelten geometrischen und astronomischen Layouts entworfen, geplant und erbaut wurde. Einer der Gänge, der die Ringwälle durchschneidet, führt beispielsweise exakt - vom Zentrum aus gesehen - zum Punkt am Horizont, an dem damals die Sonne am Tag der Wintersonnenwende aufging. Ein anderer Gang zeigte auf den Punkt der Sommersonnenwende. Zwei Mounds lagen gemeinsam auf einer weiteren Sonnwendlinie, und drei andere Mounds der Anlage bildeten eine Nord-Süd-Linie, die genau durch den grösseren Mound verlief. Das alles konnte kein Zufall sein.

Poverty Point passt ganz einfach nicht zum Evolutionsmodell, das besagt, dass eine Kultur sich langsam, beständig und sicher fortentwickelt, von einfachen zu komplexen Formen. Der Archäologe Kidder meinte einmal: "Nach herkömmlicher Lehrmeinung dürfte es Poverty Point überhaupt nicht geben!"

Der Zweck dieser Anlage ist uns völlig unbekannt. Ein gigantischer Kalender? Doch wozu hätten Jäger und Sammler einen genauen Kalender gebraucht?

Während die einen fleissig Korb um Korb Erde herbeischleppten, um die Anlage zu erbauen, waren andere Menschen in etlichen Werkstätten dabei, wie am Fliessband Tausende und Abertausende von Gegenständen herzustellen: Schmuck, Werkzeuge, Waffen, Steinpfeifen und vieles mehr, z.B. hochwertige stilisierte Miniaturperlen in Tierform.


Steinperlen von Poverty Point


Rätselhaft finden die Archäologen die wie Senkbleie aussehenden Objekte und die sog. Poverty Point Objects aus Ton, deren Zweck man bis heute nicht kennt. Es gab sogar mehrere ferne Aussenstellen-Werkstätten, in denen ebenfalls solche Gegenstände massenweise hergestellt wurden. Das Material wurde zum Teil aus bis zu 2500 Kilometern Entfernung herbeigeholt, um dann verarbeitet zu werden. Merkwürdigerweise wurde der grösste Teil dieser Artefakte absichtlich unter der Erde in Massen-Depots vergraben. Alles war in "unvernünftigen" Mengen hergestellt worden, ohne dass die Leute von Poverty Point Handel oder Export betrieben.

Genau so rätselhaft, wie alles begann, hörte es auch auf. Das Ende war plötzlich und für uns unerklärlich. Die Anlage wurde ebenso wie die Aussenstellen-Werkstätten einfach aufgegeben und verlassen. War das Projekt beendet, der Masterplan vollendet? Als alles fertig gebaut, später alle Artefakte hergestellt und alle Depots vergraben waren, zogen die Leute von dannen, um hinfort wieder jahrhundertelang als einfache Jäger und Sammler durch die Lande zu ziehen.

Und so blieb es bis zum nächsten Big Bang viele Hundert Jahre später. Inzwischen hatten Angehörige der sog. Adena-Kultur hin und wieder einfache runde Begräbnishügel erbaut, während andernorts weiterhin die Jäger und Sammler ihrer Wege zogen. Nordamerika verharrte weiterhin auf Steinzeitniveau.


Die Hopewell-Kultur

Doch dann - vor etwa 2000 Jahren - kam es erneut zu einem unerklärlichen Kultursprung. Wieder versammelte irgend jemand zahlreiche Menschen, um sie ein gigantisches Bauprojekt durchführen zu lassen. Diesmal im und um das Gebiet des heutigen Staates Ohio. Woher all die nötigen Arbeitskräfte kamen, kann man sich denken, denn die archäologischen Forschungen haben ergeben, dass zu der Zeit, als dieser Kultursprung stattfand, zahlreiche Siedlungen der Adena auf einmal verlassen waren.

Diesmal wurden zahlreiche Erdwerkstrukturen erbaut, die aus Wällen bestanden, die grosse freie Innenflächen umschlossen, kombiniert mit Mounds, Strassen und anderen Strukturen. Alles wurde nach einem komplizierten, vorgeplanten Layout ausgeführt. Die einzelnen Erdwerkanlagen überall im Gebiet der Flüsse Ohio, Illinois und Mississippi waren aus verschiedenen Formen und Strukturen zusammengesetzt, alles miteinander verbunden, jeweils zu einem zusammenghörigen Ganzen.


Skizze der Erdwerkanlage von High Bank Works, gezeichnet von Squier und Davis 1848


Die Erklärung für die Bedeutung dieser Formen kam aus einem relativ jungen Forschungszweig, der Archäoastronomie. Der Forscher Ray Hively machte die Entdeckung, dass das Oktagon von Newark einen exakten Mondkalender darstellte, passend zu der Zeit vor gut 2000 Jahren, anzeigend die Punkte am Horizont der sog. Grossen und Kleinen Mondwenden des 18,6 Jahre dauernden Zyklus.


Das Oktagon von Newark: ein exakter Mondkalender


Der Archäoastronom Romain konnte später ergänzen, dass als Basis für das Layout der gesamten Anlage die Linie diente, die auf den nördlichsten Aufgangspunkt des Mondes am Horizont zulief - ein Punkt, den der Mond nur alle 18,6 Jahre einmal erreicht.



Die astronomische Grundausrichtung von Newark

Nach dem Verstehen des Oktagons von Newark erkannten die Forscher allerorten weitere astronomische und geometrische Ausrichtungen. Inzwischen ist bekannt, dass all diese Anlagen nicht nur nach einem präzise vorgeplanten Layout erbaut wurden, sondern dass die einzelnen Anlagen gemeinsam nur Teil eines Gesamtplanes waren, eines unsichtbaren Netzes von Linien, die das komplette Gebiet dieser Kultur, die wir heute Hopewell nennen, zu einer einzigen zusammenhängenden Gesamtanlage verbanden. All dies wäre nur aus der Luft überschaubar gewesen. Wie schon in Poverty Point muss hier sehr genau vermessen worden sein. Alles war mit präzisen Koordinaten platziert, jeder Erddamm und jeder Mound am genau vorherberechneten Platz errichtet worden. Alles war mit allem verbunden.

Ein Beispiel: die Entfernung vom Quadrat in Marietta bis zum Zentrum des Oktagons in Newark entspricht exakt dem Erdumfang, geteilt durch 365, die Anzahl der Tage eines Jahres. Es ist nur bedauerlich, dass so viele Daten verloren gingen, weil in der Zeit der ersten weissen Siedler mehr Mounds und Erdwerke zerstört wurden, als uns erhalten blieben.

Woher aber hatten diese Steinzeitmenschen die hervorragenden Kenntnisse in Astronomie, Geometrie und Ingenieurtechnik? Merkwürdig ist die Tatsache, dass die Hopewell diese Anlagen nicht bewohnten. Die Wohnstätten waren weiterhin die einfachen, primitiven Behausungen wie eh und je und lagen ausserhalb der Umschliessungen. Wozu all die Anlagen erbaut wurden, ist völlig unbekannt.

Als hätten die Arbeiter nicht genug damit zu tun gehabt, all die komplizierten Anlagen zu errichten, machten sich andere Gruppen daran, wieder einmal Gegenstände wie am Fliessband herzustellen. Und das in solchen Mengen, dass einige Ausgräber meinen, deren Produktion sei der Hauptzweck der Hopewell-Kultur gewesen. Und das alles nur, um wieder einmal fast alles in Depots unter der Erde bzw. unter Mounds zu vergraben. Es gab zwar auch ein paar wenige Bestattete, denen man reiche Grabbeigaben mitgab, doch das war offenbar nur eine Randerscheinung. All diese Abertausende kunstvoller Gegenstände wurden nicht für den eigenen Gebrauch hergestellt - aber auch nicht als Handelsobjekte.

Von vielen der von den Hopewell hergestellten und dann vergrabenen Gegenständen wissen wir bis heute nicht, was sie eigentlich darstellen. Da gibt es Buttons, Scheiben, Plättchen, Stäbe, Ringe, angebliche Senkbleie (wieder einmal!), künstliche Nasen mit Atemröhren, metallene geweihähnliche Gegenstände, Brustplatten und vieles mehr aus Eisen, Kupfer, Gestein, Glimmer usw. In Depots lagerten Kugeln aus Pyrit, Doppelringe aus Kupfer, Scheiben, Kombinationen aus Stab und Ring, Kreise, Quadrate und Halbkreise aus Kupfer und Meteoreisen.


Glimmer-Artefakte aus den Turner Mounds


Viele Artefakte machen einen eher technologischen Eindruck, als den von Schmuck. Die Archäologen definieren dies alles viel zu vorschnell durch die Bank weg als Zeremonialobjekte. Es gab Werkstätten, die auf die Herstellung von Gegenständen aus bestimmtem Material spezialisiert waren, wie z.B. eine Anlage am Paint Creek, wo allein über 10.000 Artefakte aus Obsidian, mehr als 30.000 aus Glimmer und über 8000 runde Scheiben aus Flintgestein in Depots lagerten.



Zeichnerische Rekonstruktion des Flintscheiben-Depots unter einem Hopewell Mound


Für die Archäologie stellen die Depots - auch als Altäre bekannt oder Opfer - ein grosses Rätsel dar. Es gab sie praktisch in allen Hopewell-Anlagen. Die Hopewell haben anscheinend unermüdlich Gegenstände aus Glimmer, Kupfer, Meteoreisen, Gestein u.a. Materialien hergestellt, in die Anlagen gebracht und dann sorgfältig und systematisch vergraben. Viele Artefakte waren kunstvoll arrangiert worden vor dem Eingraben, manchmal bunte Mischungen aus ganz verschiedenen Gegenständen, als ob man hier einen repräsentativen Querschnitt durch die handwerklichen Künste haben zeigen wollen. Doch wem? All diese Depots: waren dies Lager? Verstecke? Ein Opfer? Für wann und für wen?


Steinscheiben aus Meteoreisen aus einem Hopewell-Depot



Kupferartefakte aus den Turner Mounds


Rätselhafter Gegenstand aus Kupfer, Turner Mounds


Chlorit-Ring aus einem Hopewell-Depot


Man vergräbt Sachen eigentlich nur aus zwei Gründen: entweder will man etwas verstecken - oder man will etwas für später oder für jemanden sicher lagern. Doch dieser Jemand hat offenbar die Sachen noch nicht abgeholt. An all die Spekulationen um Altäre oder Opfer mag ich nicht recht glauben. Sollten die Hopewell, die so hochstehende astronomische Anlagen erbauten und zu einem Masterplan kombinierten, nicht für diese Depots ganz praktische Gründe gehabt haben?

Zwei Anlagen der Hopewell fallen zwar aus dem Rahmen, passen aber gut in das Gesamtbild: der Great Serpent Mound und der Alligator Mound. Beim Great Serpent-Mound weiss man inzwischen sicher, dass er nicht wirklich eine Schlange darstellt, sondern einen komplexen astronomischen Kalender, beim Alligator Mound wird dies bereits vermutet, muss aber noch verifiziert werden.


Der Alligator-Mound


Der Great Serpent Mound wurde übrigens genau am Rand eines Kraters angelegt, den ein vor ca. 250 Millionen Jahren auf die Erde einschlagender Himmelskörper verursacht hatte, wie wir erst seit wenigen Jahren wissen. War die Auswahl dieser Stelle Absicht oder nur ein Zufall?


Luftaufnahme des Great Serpent Mound



Die astronomischen Ausrichtungen des Great Serpent Mound


So wie schon bei Poverty Point, so war auch das Ende der Hopewell-Kultur rätselhaft und abrupt. Warum hörte diese hochstehende Kultur einfach auf, zu existieren? Warum wurden keine weiteren Anlagen mehr erbaut? Warum keine weiteren Gegenstände hergestellt? War ein Projekt abgeschlossen? Die Hopewell verliessen ganz einfach die Stätten und Arbeitsplätze und kehrten mehr oder weniger wieder zu ihrer Kulturstufe zurück, auf der sie sich vor dem Kultursprung befunden hatten. Weilten keine Masterplaner mehr unter ihnen, die ihnen Aufträge erteilten? Waren die Kulturbringer nach Abschluss dieses Grossprojektes davongegangen, die Menschen sich selbst überlassend?


Effigy Mounds

Doch die Kulturspringerei sollte noch weitergehen. Wieder einige Jahrhunderte später begann ein neues und einzigartiges Bauprojekt, diesmal mit dem Zentrum in Wisconsin. Hier fingen urplötzlich Steinzeitnomaden an, wie am Fliessband Bilderhügel aus Erde zu erbauen, und dies in einer Grössenordnung von Zehntausenden, von denen leider bis heute nur ein Bruchteil überlebt hat.

Sie bauten Mounds in der Form verschiedener Tiere, in Menschenform, aber auch lineare, kreuzförmige, runde und Kombinationen. In vielen Fällen mag die "Sieht-aus-wie"-Methode der modernen Forscher sicherlich zu Fehlinterpretationen geführt haben.

Effigy Mounds, Skizze von Squier und Davis 1848


Fast immer wurden diese verschiedenen Mounds zu Gruppen arrangiert. Wieder einmal wurde Korb um Korb Erde herbeigeschleppt, um - was zu machen? Eine grosse Region in ein nur aus der Vogelperspektive erkennbares riesiges Bild zu verwandeln? Niemand weiss bisher, warum plötzlich all diese Effigy Mounds angelegt, warum wieder einmal Leute versammelt wurden, um sie ein arbeitsaufwendiges und eigentliches unpraktisches Bauprojekt ausführen zu lassen. Erst seit allerjüngster Zeit beginnen die Archäologen zu ahnen, dass es auch bei den Effigy Mounds einen astronomisch-geometrischen Hintergrund zu geben scheint. In einigen ersten Fällen konnten bereits lunare und solare Ausrichtungen bestätigt werden. Doch hier ist die Forschung noch ganz am Anfang.


Einer der Bären der Marching Bear Group, Wisconsin: moderne High Tech enthüllt magnetische Eigenschaften


Die Effigy Mounds bergen zudem noch ein überraschendes Geheimnis. 1999 untersuchte ein Archäologen-Team fünf Mounds der Marching Bear Group in Wisconsin mit moderner High Tech. Dabei stellte sich heraus, dass das Material, aus dem die Bilderhügel erbaut waren, stark magnetisch war. Niemand hatte eine Ahnung, was dies zu bedeuten habe. Um Zufall konnte es sich nicht handeln, das Erdmaterial war sorgfältig ausgewählt und dann aufgehäuft worden. Man weiss noch nicht, ob dies Merkmal auf viele andere - vielleicht alle? - Effigy Mounds ebenso zutrifft. Diese Bilderhügel und linearen Strukturen, die selbst aus der Luft heraus nur sehr schwer erkennbar sind, vom Boden aus fast gar nicht, wären sicher hervorragende Objekte für Remote Sensing Technologie an Bord eines Flugzeuges oder Satelliten.

Eines unterscheidet die Effigy Mound-Kultur von Poverty Point und den Hopewell: diesmal gab es keine Massenanfertigung von Gegenständen und kein Anlegen von unterirdischen Depots - soweit wir bisher wissesn! Aber in einem Punkt gibt es eine Parallele: diese Kultur hörte ebenso abrupt auf, wie die vorhergehenden. Praktisch von einem Tag auf den anderen wurden keine Bilderhügel mehr angelegt, und man zog wieder als Jäger und Sammler des Weges.


Die Mississippi-Kultur

Bevor die ersten Weissen nach Nordamerika kamen und einen ganz modernen Kultursprung auslösten, kam es noch einmal zu einem unerklärlichen Big Bang. Im Gebiet rund um den Mississippi und seine Nebenflüsse hausten vor gut 1000 Jahren einfache Steinzeitbauern. Doch aus heiterem Himmel fingen auch sie an, wie am Reissbrett entworfene Mega-Cities aus Erde zu erbauen, wieder einmal nach exakt vorgeplantem Layout auf astronomischer und geometrischer Basis.
Die Grösse dieser Städte und die Anzahl der Mounds und Strukturen stellte alles zuvor dagewesene in den Schatten. Wieder einmal hatte jemand zahlreiche Menschen für ein Grossprojekt versannelt und die ehemaligen kleinen Siedlungen waren fast alle verlassen.
Wie schon in Poverty Point und bei den Hopewell legten auch die Vertreter der sog. Mississippi-Kultur rätselhafte Material-Depots an. Pfundweise wurden hier Perlen, Pfeilspitzen und anderes vergraben.
Und ebenso wie Poverty Point, die Hopewell und die Effigy Mound-Kultur hörte auch die Mississippi-Kultur auf uns unerklärliche Weise abrupt auf zu existieren. Ob irgend einer der Indianerstämme, die die ersten Weissen dann in diesem Gebiet vorfanden, Nachfolger dieser Kultur war, ist unklar. Nie wieder wurden astronomisch-geometrische Erdwerkanlagen oder -städte erbaut.

Die wichtigste Frage um diese rätselhaften Kultursprünge dreht sich um deren unbekannte Verursacher. In unserer modernen Zeit gibt es Beispiele für neue Religionen, die sich nach dem Kontakt von sog. Primitiven mit ihnen höherstehenden Besuchern bildeten, wie z.B. die Cargo-Kulte der Südsee. So etwas gibt es auch in Nordamerika. Gegen Ende der Mississippi-Kultur etablierte sich eine ganz neue Religion, der sog. Southern Cult. Die Archäologen rätseln um den Grund für den Beginn dieses Kultes, denn es wurde nichts gefunden, aus dem er sich entwickelt haben könnte. Er kam praktisch wie aus dem Nichts in der Endphase der Mississippi-Kultur auf.
Neben geometrischen Motiven kommt auffallend oft das des sog. Birdman vor, des Vogelmenschen. Immer und immer wieder bildeten diese Menschen humanoide Gestalten ab, die eine Mischung aus Mensch und Vogel repräsentieren, meist mit Flügeln ausgestattet, manchmal mit vogelähnlichem Kopf, den die Archäologen aber auch alternativ und vage als "Langnasengott" deuten. Was dies Motiv bedeuten soll, ist völlig unklar.

Einige wenige Beispiele für "Birdmen" der Mississippi-Kultur
Dekorierte Muschelscheiben sowohl der Hopewell als auch der Mississippi-Kultur zeigen seltsame Mischwesen und gefiederte Schlangen, über deren Bedeutung auch unter den Archäologen wild spekuliert wird.
Rätselhaft sind auch die unzähligen Figurinen, die einen anormalen verlängerten Schädel zeigen, wie es ihn nirgendwo auf unserem Planeten in natura gibt. Solche Figurinen gibt es von Poverty Point, den Hopewell und der Mississippi-Kultur. Leider steht mir hiervon noch kein Bild zur Verfügung.
Verblüffende Parallelen
Merkwürdig ist die Tatsache, dass auch die Olmeken in Mittelamerika begannen, Figurinen, Monumente u.a. herzustellen, die diese langschädligen Personen darstellen, und zwar genau ab der Zeit nach ihrem urplötzlichen Kultursprung um 1200 v.Chr. mit den darauf folgenden geometrisch-astronomisch angelegten Stätten, der Massenherstellung von Gegenständen, dem Anlegen von unterirdischen Materialdepots und dem ebenso abrupten Ende der Kultur. Auch in Mittelamerika wurden ab der Zeit des Kultursprungs "Birdmen", "gefiederte Schlangen", seltsame Mischwesen und Landschädler zu Hauptmotiven in der darstellenden Kunst.
Es gibt noch eine deutliche Parallele. Etwa zur gleichen Zeit wie die Mississippi-Kultur machten drüben im Südwesten der heutigen USA die Anasazi-Indianer einen abrupten Sprung vom Steinzeitbauern zur Hochkultur und begannen praktisch von einem Tag auf den anderen mit dem Bau vorgeplanter steinerner Great Houses und Kalenderanlagen. Das gigantische Bauprojekt verwandelte fast das gesamte Gebiet der heutigen Staaten Utah, Colorado, Arizona und New Mexico in ein Netz unsichtbarer astronomisch-geometrischer Linien, einen Gesamt-Masterplan darstellend. Überraschenderweise ist anscheinend noch kein Archäologe auf die Idee gekommen, einmal an den Schnittpunkten dieser unsichtbaren Linien und denen beispielsweise der Hopewell zu graben.
Auch die Anasazi begannen mit der Massenproduktion von Gegenständen, die sodann von allen Seiten ins Zentrum, den Chaco Canyon, gebracht und hier gelagert, wenn auch nicht wie bei den Moundbuildern unter der Erde vergraben wurden. Die Archäologen reden in diesem Fall von der "Black Hole"-Hypothese. Und auch diese Hochkultur endete ebenso abrupt wie die der Moundbuilder-Kulturen.
Nach dem Ende der Anasazi-Kultur - und erst dann! - bildete sich eine ganz neue Religion, zuerst als Darstellungsmotiv auf Felsbildern und Keramik, dann zur Zeit der ersten weissen Siedler voll ausgebildet mit Zeremonien, Mythen und Riten um die sog. Kachinas, an die sich noch die heutigen Pueblo-Indianer (die die Regionen rund um das einstige Anasazi-Gebiet bewohnen) erinnern als an himmlische Lehrmeister, die von irgendwoher zu den Menschen kamen und dann irgendwann wieder irgendwohin verschwanden. Wichtigstes Merkmal dieser Kachinas: rätselhafter "Kopfschmuck".
Rätselhaften Kopfschmuck tragen auch der sog. Foxman von Poverty Point, Figuren der Hopewell, einige der humanoiden Effigy Mounds und "gehörnte Wesen" auf gravierten Muscheln der Mississippi-Kultur.
Geben diese Darstellungsmotive vielleicht Hinweise auf die unbekannten Verursacher all der rätselhaften Kultursprünge, auf die unbekannten Masterplaner? Ich möchte diese Frage so im Raum stehen lassen, vielleicht gibt sie ja dem einen oder anderen unter ihnen Anregungen zum Nachdenken.
Mehr zum Thema:
Gisela Ermel
Das Moundbuilder-Phänomen.
Erdhügel, Kultursprünge und Masterplaner: Rätselhafte prähistorische Spuren in Nordamerika.
Ancient Mail-Verlag, Gross-Gerau2008
ISBN 978-3-935910-57-8
342 Seiten, zahlreiche Abbildungen





















































































Sonntag, 25. Januar 2009

Entführungsfälle vor 200 Jahren

Gisela Ermel

Parallelen zum modernen UFO-Phänomen bei nordamerikanischen Indianern

In: Magazin2000plus, Nr. 4/180, Sonderband "UFOs und Kornkreise", Marktoberdorf 2002
+ Vortrag, gehalten am 20. März 1999 in Würzburg: Fiebag-Seminar "Paläo-Kontak - Zeitreise zu den Göttern aus dem All"

Im Spätsommer des Jahres 1855 weilte der Ethnologe und Forschungsreisende Johann Georg Kohl am Lac du Flambeau, einem See im heutigen Wisconsin, USA. Ein Stamm der dortigen Ojibwa-Indianer hatte ihn freundlich aufgenommen, und ein französischer Dolmetscher unterstützte Kohl bei seinen Bemühungen, Material über die Lebensweise, die religiösen Vorstellungen und alltäglichen Verrichtungen dieser Indianer zu sammeln. "Bleichgesichter" hatten diese Indianer noch relativ selten zu Gesicht bekommen, doch es gelang Kohl - nach vielen Rückschlägen und bisweilen amüsanten Missverständnissen - ihr Vertrauen zu gewinnen. Seine Notizbücher füllten sich nach und nach mit interessanten Informationen, und in seiner Hütte bewahrte er mit liebevollem Sammlerstolz das eine oder andere Indianer-Requisit, über das sich jedes Völkerkundemuseum in Europa freuen würde.





Der Ethnologe und Forschungsreisende Johann Georg Kohl

Eines Tages erzählten ihm die Indianer von einem Einzelgänger, genannt Kagagengs (Kleiner Rabe), der im Dorf als eine Art kurioser Kauz galt, der ständig im Freien umherlaufe und sich mit Kräutersammeln oder Müssiggang die Zeit vertreibe. Er galt als Aussenseiter, und die Indianer im Dorf hielten ihn für den ältesten Mann in der Siedlungsgemeinschaft. Er bewohnte etwas abseits von den anderen eine Hütte am Schilf, und als Kohl ihn kennenlernte, fand er ihn tatsächlich im hohen Greisenalter. Ob er wirklich etwa hundert Jahre alt war, liess sich natürlich nicht beweisen. Jeder Indianer im Dorf wusste, dass Kleiner Rabe von Geburt an als absonderliches Kind gegolten hatte, das sehr viel früher als andere Indianerkinder sprechen gelernt hatte, auch soll er über ein überdurchschnittlich gutes Gedächtnis verfügt haben. Er habe - und das machte Kohl äusserst neugierig - als Knabe ein aussergewöhnliches Erlebnis gehabt, das für sein ganzes weiteres Leben prägend gewesen sei, und über das er so gut wie nie rede, ja wenn man ihn darauf anspreche, gehe er einfach schweigend davon.

Es dauerte viele Tage der unermüdlichen Bemühungen seitens des Dolmetschers und des Ethnologen, das Vertrauen des greisen Indianers zu gewinnen. Und als Kohl es dann wagte, Kagagengs auf dieses Knabenerlebnis anzusprechen, sträubte dieser sich hatrnäckig, davon zu erzählen.


Teil eines Ojibwa-Dorfes


Kohl schrieb später über diesen Augenblick: "Als ich dem Alten alles deutlich gemacht hatte, was ich wünschte, wurde er völlig stumm und sass wie eine Bildsäule da. Er erwiderte kein Wort..." Geduldig und behutsam schritt Kohl weiter seinem Ziel entgegen. Er ahnte, dass er eine aussergewöhnliche und ausgefallene Geschichte zu hören bekommen konnte, wenn er es nur richtig anstellte. Nach vielem guten Zureden versicherte Kohl dem uralten Indianer, wenn dieser glaube, dass er sich selbst durch die Mitteilung dieses Erlebnisses ein Unglück zuziehe, so stehe er von seinem Verlangen ab. Und erst, als Kohl zum Alten sagte: "Übrigens sind wir hier unter uns..." (Kohl, der franzsösische Dolmetscher und Kagagengs sassen allein vor der Indianerhütte am Schilf und waren tatsächlich ganz ungestört) "... du kannst dich darauf verlassen, dass ich mit niemandem von deinen Leuten oder deiner Sippschaft im Dorf darüber sprechen werde..." - erst dann löste sich die Zunge des Greises und er war bereit, "auszupacken". Verwundert aber war er darüber, dass sich ein Weisser überhaupt für sein Erlebnis interessiere.




Typische Ojibwa-Hütte


Und dann fing Kleiner Rabe an zu erzählen: "Ich war ein Knabe, so gross, dass, wenn ich stand und mein Vater sich auf die Matte setzte, wir beide gleich hoch waren. Es war Herbst...."

Gebannt lauschten die beiden weissen Männer und hatten noch keine Ahnung, welch eine phantastische und bizarre Geschichte sie hier erfahren sollten.

Geht man davon aus, dass Kagagengs zwischen 70 und 100 Lenze zählte und während seines Erlebnisses so um die zehn Jahre alt war, so kann man für den Zeitraum der von ihm geschilderten Ereignisse die Jahre zwischen 1765 bis ca. 1795 annehmen, wobei als Ausgangspunkt das Jahr 1855 dient, in dem Kleiner Rabe als hochbetagter Greis sein Knabenerlebnis dem Forschungsreisenden Kohl anvertraute.

Der Zeitraum für dieses Erlebnis liegt in einer Zeit, in der noch niemand jemals von Unbekannten Flugobjekten, Entführungen und Begegnungen der einen oder anderen Art gehört hatte, eine Zeit, die gut 200 Jahre vor der sog. ersten UFO-Sichtung im Jahr 1947 durch den amerikanischen Flugzeugpiloten Kenneth Arnold und vor der sog. ersten Entführung des Ehepaares Betty und Barney Hill im jahr 1961 liegt. Inzwischen haben wir gelernt, sowohl Sichtungen Unbekannter Flugobjekte als auch Entführungen durch fremde Wesen sehr viel weiter zurück zu datieren, als es gemeinhin getan wird.

Lassen wir uns gut 200 Jahre zurückführen und die Erlebnisse des Kleinen Raben nachträglich miterleben.

Am Lac du Flambeau war die Mutter von Kagagengs gestorben und gemäss den alten Riten beerdigt worden. Einge Tage später...

Kleiner Rabe ist traurig. Er möchte mit seinem Schmerz um seine so früh verstorbene Mutter allein sein. Der Knabe schleicht sich heimlich aus dem Indianerdorf heraus, was ihm leicht gelingt, da sein Vater und sein Onkel zu einer Rauch-Gesellschaft unterwegs und seine Schwestern beschäftigt sind. Kleiner Rabe rennt in den nahe gelegenen Wald, so weit und so schnell, wie er kann. Endlich kann er seinen Gefühlen freien Lauf lassen, und er weint laut. Schliesslich klettert er auf einen hohen Baum, ganz ausser sich vor Schmerz und Trauer.

Mit einem Mal hört er neben sich eine Stimme. Er ist sehr erschrocken, denn er sitzt ja oben in einem Baum! Zu seinem masslosen Erstaunen entdeckt er eine schwarze, menschliche Gestalt, die durch die Luft auf ihn zuschwebt.

"Wer bist du? Warum weinst du?" hört er die rätselhafte Gestalt ihn fragen.

"Ich bin ein Indianerknabe, und ich weine um meine Mutter", entgegnet er.

Die Gestalt schaut ihn eindringlich an und fordert ihn auf: "Komm, folge mir!" Sie nimmt den Indianerknaben bei der Hand und führt ihn durch die Luft davon. Über hohe Bäume hinweg geht es, Kleiner Rabe weiss kaum, was mit ihm geschieht. Zweimal sieht er unter sich Bäume zittern und sich niederbeugen, doch die Stimme ermahnt ihn mehrmals: "Fürchte dich nicht!" Schliesslich erreichen sie den Gipfel eines hohen Berges.

"Kennst du das Gebirge?" fragt ihn das mysteriöse schwarze Wesen, das er für eine Frau hält. Als er verneint, erklärt ihm seine Begleiterin: "Es ist das Gebirge des Herzens des Hirsches."

Kleiner Rabe ist höchst erstaunt, weiss er doch, dass dieser Berg drei ganze Tagesreisen von seinem Dorf entfernt ist. Er wundert sich, dass er in so kurzer Zeit (es kam ihm vor wie drei Schritte) viele Wälder, Fluren und Prärien überquert hat. Auf einen Wink mit der Hand dieses schwarzes Wesens öffnet sich ein Eingang in den Berg, und überrascht schaut Kleiner Rabe durch einen langen Gang, an dessen anderem Ende ein helles Licht strahlt. Die Gestalt fordert den Knaben auf, mit ihr hineinzukommen, und beide schweben wie schwerelos ans andere Ende des Ganges. Ein helles Leuchten empfängt den Indianerknaben, er ist ganz geblendet. Als er vorsichtig umherblinzelt, sieht er etwas wie eine Hütte inmitten des Glanzes stehen. Eine Öffnung bildet sich, und die Gestalt fordert den Knaben auf, einzutreten.

Und wieder ist Kleiner Rabe von grell strahlendem Licht umgeben, so blendend, dass er sein Gewand über die Augen zieht. Er zittert vor Furcht und vor banger Erwartung des Kommenden. Aus dem Hintergrund des Raumes fordert ihn eine Stimme auf, sich ein wenig umzusehen. Dies tut Kleiner Rabe, nachdem er sich ein wenig an das helle Licht gewöhnt hat. Zuerst erblickt er nichts weiter als eine Art Lampe in der Mitte des Raumes, die ein mächtiges Licht von sich strahlt. So hell, dass Kleiner Rabe meint, es sei die Sonne. Nichts sonst, so weiss er, kann doch so hell strahlen! Schemenhaft sieht er im Hintergrund eine Gestalt, die er mangels anderer Deutungsmöglichkeiten für die Personifikation der Sonne hält. Oder ist es ein Geist? fragt sich Kleiner Rabe verwirrt. Er ist völlig durcheinander und weiss nicht, wo er sich befindet und was mit ihm geschehen ist. Die schemenhafte Person im Hintergrund des lichten Raumes fordert ihn nun auf: "Blicke hinab!"

Kleiner Rabe tut es und ist wie gelähmt vor Schreck! Durch eine Art Öffnung oder Fenster im Raum sieht er weit, weit unten Bäume, Wälder, Gebirge, grosse Seen und schliesslich "die ganze Rundung der Welt". Er kann sich gar nicht satt sehen an dem faszinierenden Anblick!

"Blicke nun auch hinaut!" fordert ihn die Stimme auf. Kleiner Rabe schaut aufwärts und erblickt durch eine Art Fenster unzählige Sterne, so nah, als könne er sie greifen. Er ist völlig hingerissen, so etwas hat er noch nie zuvor gesehen! Als die Stimme ihn auffordert, nun geradeaus zu schauen, muss er sich mit Gewalt von dem phantastischen Blick auf den Sternenhimmel losreissen. Er schaut nach vorn - und ist zu Tode erschrocken! Entsetzt starrt er auf sein eigenes Ebenbild! Das bin ja ich! denkt er. Wie ist so etwas möglich? Die Stimme redet nun beruhigend auf ihn ein, und was sie dem verwirrten Indianerknaben erläutert, ergibt für diesen keinen Sinn.

"Siehe", sagt die Stimme, "du bist stets bei mir. Ich sehe ich alle Tage und wache über dir. Ich schaue dich an und weiss, was du machst und ob du krank bist oder wohl."

Doch es soll noch viel phantastischer kommen. Nun sieht Kleiner Rabe neben seinem eigenen Bild vier Indianer. Die Stimme erklärt: "Diese vier sind in dir. Sie werden von dir kommen. Es sind deine vier Söhne, die du einmal haben wirst... Du selbst aber wirst so lange leben, dass dein Haar schneeweiss werden wird."

Kleiner Rabe fühlt eine grosse Freude in sich aufsteigen, Freude über die ihm prophezeiten Söhne, die er einst bekommen werde, und Freude über sein so langes Leben. Fast bedauert er, diesen lichten und abenteuerlichen Raum wieder verlassen zu müssen, doch die Stimme der Person im Hintergrund befiehlt ihm, jetzt nach Hause zurückzukehren. Vor dem Raum harre die Gestalt auf ihn, die ihn hierher begleitet habe.

Als der Knabe den lichten Ort verlassen hat und mit dem schwarzen Wesen wieder zur Erde herabschwebt, erscheint ihm die Höhe, von der sie hinuntergleiten, unermesslich. Und als beiden den Wald erreichen, von dem aus Kagagengs' geheimnisvolle Reise begonnen hatte, wird der Knabe in die Zweige eines Tannenbaumes gesetzt. Er bemerkt verwundert, dass es inzwischen früher Morgen ist und die Sonne eben mit der Hälfte ihrer Scheibe über den Horizont hervorlugt. Kleiner Rabe hatte gar nicht bemerkt, dass inzwischen der restliche Tag und eine ganze Nacht vergangen wr. Er ist immer noch mehr als verwirrt. Die mysteriöse Begleiterin verabschiedet sich jetzt von ihrem Schützling und meint zu diesem:

"Es werden nun bald vier Personen kommen, dich abzuholen. Folge ihnen jedoch nicht, wenn sie dich mit blossen Händen anfassen wollen. Sie sollen sich Blätter von den Lindenbäumen dort in der Nähe abpflücken und zum Schutz benutzen, wenn sie dich berühren. Tun sie dies, dann folge ihnen. Merke dir dies gut! Lebe nun wohl, Kleiner Rabe."

Und schon ist das schwarze Wesen verschwunden, und der Knabe ist allein. Es dauert nicht lange, und er hört Stimmen unter sich. Kleiner Rabe fühlt sich auf einmal total erschöpft. Er ist zu matt, den Kopf zur Seite zu drehen, um zu schauen, wer da unten wohl sei. Plötzlich vernimmt er einen Schrei: "Was ist das? Dort oben im Baum? Ein Mensch! Ja, ja, er ist es! Kommt her, Schwestern, wir haben ihn gefunden!"

Nun erkennt Kleiner Rabe, dass da unten seine vier Schwestern sind, die ausgezogen waren, um ihn zu suchen. Und wirklich pflücken sie sich auf seine Bitte hin Lindenbaumblätter, ehe sie ihn anfassen und ihn vom Baum herunterholen. Sie führen ihn nach Hause ins Dorf, legen ihn auf sein Lager und kümmern sich liebevoll um ihn. Kleiner Rabe muss gepflegt werden, denn er ist so matt und krank, dass er drei Tage lang nicht essen kann.

"Dann aber", so beendet der alte Indianer seinen atemberaubenden Bericht, "fing ich allmählich an, wieder wie die übrigen zu speisen und lebte mit den Menschen, gedachte dabei oft meines Erlebnisses ... Auch ist alles in Erfüllung gegangen, was mir damals verheissen wurde. Ich habe geheiratet und vier Söhne gezeugt, und mein Haar ist weiss geworden. Ich bin nun hundert Jahre alt."



Ojibwa-Indianer


Als J. A. Kohl 1859 in Bremen seine Forschungsergebnisse und seine Erlebnisse bei den Ojibwa-Indianern am Lac du Flambeau in seinem Buch veröffentlichte, war für ihn diese Geschichte lediglich der "Traum eines Indianerknaben". Was ist diese Geschichte für uns heute, gut 200 Jahre später? Wir wissen inzwischen, dass das Erlebnis von Kleiner Rabe viele Parallelen aufweist zu den Erlebnissen heutiger Zeugen, die behaupten, von fremden Wesen entführt worden zu sein, und dies meist an Bord eines Unbekannten Flugobjektes.

Schauen wir uns den "Fall Kleiner Rabe" noch einmal im Detail an; er ist einer genaueren Betrachtung wert. Da ist einmal die Aussage über das Schweben dieser schwarzen Gestalt und das Schweben mit dieser. Im Laufe vieler Jahre mühevoller UFO-Forschung hat sich u.a. ergeben, dass zahlreiche Zeugen das Schweben fremdartiger Wesen beobachtet haben wollen, ja, sogar mit diesen zusammen durch die Luft geschwebt seien - oft auf ein Flugobjekt zu, in das sie dann eingelassen wurden.

Im Jahr 1988 erschien eine engagierte und richtungsweisende Studie über ca. 300 UFO-Entführungsfälle mit dem Titel "UFO Abductions - The Measure of a Mystery". In Auftrag gegeben hatte diese Studie der "Fund for UFO Research" in Maryland, und der Autor Dr. Thomas E. Bullard, ein Folklorist, der an der Universität von Indiana über UFOs und ihre Wechselwirkungen promoviert hatte, kam darin zu dem Ergebnis, dass es in vielen Fällen vorgekommen sei, dass den Zeugen ein fremdes Wesen bis zur Tür einer unbekannten Örtlichkeit (oft eines Unbekannten Flugobjektes) begleitete, schwebend - und den Zeugen, ebenfalls schwebend, wieder zum Boden zurückbrachte.

Wir sehen also, dass Kleiner Rabe sich mit seinem Erlebnis, was den Aspekt des Schwebens und des schwebenden Wesens anbelangt, in guter Gesellschaft befindet.

Wohin mag die mysteriöse schwarze Gestalt den Indianerknaben gebracht haben? Es wäre zu voreilig, aus der Angabe, Kleiner Rabe habe aus diesem lichten Raum heraus auf die Erde herabgeschaut, zu schliessen, er habe sich an Bord eines fliegenden Objektes befunden. Zu viele andere Erklärungen sind möglich, doch halte ich den Aufenthalt an Bord eines Flugobjektes nicht für ausgeschlossen.

Sehr nachdenklich macht auch der Teil der Geschichte, in dem Kleiner Rabe berichtet, dass ihm seine zukünftigen Söhne gezeigt wurden sowie ein Bild seiner selbst, mit der Erklärung verbunden: "Ich sehe dich alle Tage und wache über dir. Ich schaue dich an und weiss, was du machst und ob du krank bist oder wohl." Sollten Vertreter einer fremden Intelligenz den Lebensweg dieses Ojibwa-Knaben überwacht und verfolgt haben? Wenn ja - warum gerade Kleiner Rabe? Zahlreiche weitere Fragen wollen einem einfallen, Fragen, auf die es bislang noch keine alles erklärende Antworten gibt.

Noch ein Aspekt dieses Berichtes fällt auf: die grosse Abgechlagenheit und Mattigkeit nach Ende des Erlebnisses von Kagagengs. Drei Tage lang will er praktisch pflegebedürftig gewesen sein. Sollten wir es hier mit einem der sog. Post-Abduction-Symptome zu tun haben, die Dr. Jacobs, Professor für Geschichte an der Temple Universität, im Jahr 1975 in seiner Doktorarbeit auflistete? Gemeint sind damit die typischen Auswirkungen der Entführungserlebnisse innerhalb des UFO-Phänomens, die medizinischer Natur sind und von zurückgebliebenen Narben über Schmerzen, Hautverbrennungen und andere Folgeerscheinungen bis hin zu extremer Mattigkeit reichen.

Und was mag hinter dem bizarren Detail der Geschichte von Kleiner Rabe stecken, das besagt, er habe sich nicht mit blossen, ungeschützten Händen anfassen lassen sollen? Wir wissen es nicht. Möglicherweise findet sich zukünftig eine Erklärung für diesen Aspekt des Indianererlebnisses, wenn die UFO-Forschung weitere Fortschritte gemacht hat.

Nach all dem lässt sich sagen: Warum sollte Kleiner Rabe's angeblicher "Knabentraum" ausgerechnet einem Muster folgen, das 200 Jahre später sich im Laufe der UFO-Forschung als typisch herauskristallisieren sollte? Ausserdem erwähnte Kleiner Rabe dem Ethnologen Kohl gegenüber mit keiner Silbe, geschlafen und geträumt zu haben. Nein, geben wir es zu: diesem so bizarren und phantastischen Bericht eines hochbetagten Ojibwa-Indianers liegt ein reales Erlebnis zugrunde.


Die Begegnung der Vierten Art des Ojibwa-Indianers Agabé-Gijik

Während seines Aufenthaltes im Dorf der Ojibwa-Indianer im Jahr 1855 lernte der Ethnologe Kohl den alten Indianer Agabé-Gijik kennen, der dort eines Tages als Besucher auftauchte. Die Übersetzung des Namens dieses Ojibwa schrieb Kohl auf als "The End of the Projecting Cloud = Das Ende der Erhabenen Wolke", und der Länge des Namens wegen redete er in seinem Buch später vereinfachend von "Wolke". Dieser greise Indianer war wesentlich gesprächiger und leichter zugänglich als Kleiner Rabe.




Ojibwa-Indianer in Kanus


Der Forscher Kohl nutzte den Aufenthalt von "Wolke" im Indianerdorf, um sich von ihm ein Erlebnis erzählen zu lassen, das dieser als 14-jähriger Knabe hatte. Beide Indianer - Kleiner Rabe und Wolke - waren nachweislich nicht voneinander beeinflusst und wussten sehr wahrscheinlich nicht einmal von der Tatsache, dass sie beide ein Erlebnis gehabt hatten, das einige erstaunliche Parallelen aufweist. Neben diesen Parallelen gibt es auch auffällige Unterschiede, auf die ich noch eingehen werde. Hören wir zuerst einmal, was dieser Indianer dem Ethnologen Kohl berichtet.

Wolke ging an eine einsame Stelle im Wald und machte sich ein Lager in einer hohen Rottanne. Der Indianerknabe wollte ein paar Tage fasten, um "seinen Traum" zu bekommen. Als Knabe ausgezogen, würde er dann als Mann ins Dorf zurückkehren und damit in einen neuen Lebensabschnitt eintreten. Doch was dann kam, war kein Traum, sondern ein ganz unerwartetes Zusammentreffen mit dem Unerklärlichen.

In der Nacht, so erzählte Wolke dem aufmerksamen Zuhörer, "da vernahm ich auf einmal ein Rauschen und Wehen in den Zweigen. Es war, wie wenn ein schwerer Bär oder Elch durch die Büsche und Wälder bricht. Mich überfiel eine grosse Furcht. Ich dachte, es wären ihrer zu viele, eine ganze Menge, und ich wollte Anstalten zur Flucht machen. Der aber, welcher sich mir näherte, erriet meine Gedanken und sah meine Furcht schon von ferne, und er liess es daher, indem er ganz zu mir heranschwebte, gemacher und stiller angehen, und er liess sich sanft und mild auf die Zweige meines Baumes mir zu Häupten nieder."

Auch hier haben wir es also mit einem heranschwebenden Wesen zu tun, das, ebenso wie bei Kleiner Rabe, unerwartet aus der Luft heraus auftaucht. Wolke beschrieb diese Gestalt nicht genauer, sprach Kohl gegenüber nur vage von einem "Geist". Auffallend ist hier die Erwähnung vom Rauschen und Wehen in den Zweigen bei der Annäherung des mysteriösen Wesens. Beides - das Geräusch beim Näherschweben zu Wolke sowie das An-der-Hand-fassen des Kleinen Raben durch eine fremdartige Gestalt - deutet auf ein materiell anwesendes und damit reales Wesen hin.

Wolke erzählte weiter. "Daraufhin fing der Geist an, mit mir sich zu unterreden, und er fragte mich:

'Fürchtest du dich, mein Sohn?'

'Nein', erwiderte ich, 'jetzt schon nicht mehr.'

'Warum bist du hier in diesem Baum?'

'Um zu fasten.'

'Warum fastest du?'


'Um Stärke zu erlangen und mein Leben zu wissen.'

Der Geist: 'Das ist gut, denn es fällt trefflich mit dem zusammen, was eben jetzt anderswo für dich geschieht. Es steht ganz in Harmonie mit dem Auftrage, den ich an dich habe ... Ich bin beauftragt, dich einzuladen, damit du selber schaust und vernähmest. Komm, folge mir!'"

An dieser Stelle unterbrach Kohl den Redefluss des alten Indianers. Er fragte ihn: "Sprach der Geist dies laut?"

Über diese eingeworfene Frage ist dem Ethnologen jetzt nach mehr als hundert Jahren sicher jeder UFO-Forscher dankbar, denn die Antwort lässt jeden, der sich ein wenig mit dem UFO-Phänomen auskennt, aufhorchen.

Wolke antwortete: "Nein. Es war auch keine gewöhnliche Unterhaltung; ich glaube auch nicht, dass ich laut sprach. Wir sahen uns beide gegenseitig ins Herz und errieten und erblickten unsere gegenseitigen Gedanken."

An dieser Stelle sollte unbedingt erwähnt werden, dass auffallend viele unserer heutigen UFO-Zeugen aussagen, dass die fremden Wesen, mit denen sie konfrontiert wurden, mit ihnen kommunizierten. Dabei hatten sie aber keine Stimme gehört, sondern die Worte "in ihrem Kopf" vernommen. Ein Zeuge schilderte nach Angaben des UFO-Forschers Raymond E. Fowler die Art, sich mit den Fremden zu verständigen "fast so, als würde man etwas im eigenen Kopf denken." Andere Zeugen wiederum beschrieben es so: "Die Augen der Wesen sprachen mit mir ...", während andere Betroffene "wussten, was die Wesen denken." Ein Zeuge in Utah erläuterte diese Kommunikationsform mit den rätselhaften Gestalten auf folgende Weise: es sei ihm so vorgekommen, als hätten "die kleinen Wesen mit ihren Köpfen an mich gedacht." Betty Andreasson, eine der bekanntesten Entführten, sagte aus: "Sie sprechen mit mir, aber micht mit ihrem Mund."

Der Indianer Wolke beschrieb die gleiche Kommunikationsform also sehr einleuchtend und treffend, als er Kohl schilderte, er und der "Geist" hätten sich gegenseitig ins Herz geschaut und ihre Gedanken erblickt.

Die schon erwähnte Studie des Dr. Bullard über ca. 300 Entführungsfälle kam zu folgendem Ergebnis: "Von 124 Fällen mit Kommunikation schlossen 98 (79 %) Telepathie, Gedankenübertragung, ein, oder der Zeuge konnte die Wesen verstehen oder sie hören, ohne dass sich ihre Münder bewegten oder ohne eine offensichtliche Gehörleistung zu erbringen."

Doch zurück zu Agabé-Gijik, dem Indianer Wolke, und dessen aussergewöhnlichem Erlebnis, das doch so aktuell wirkt. Was Fowler über das typische Zuammentreffen eines Betroffenen mit einem (oder mehreren) fremdartigen Wesen schreibt, könnte nicht besser zu Agabé-Gijik passen: Sobald sich Entführer und Entführungsopfer "gegenüberstehen, beginnt die erste Kommunikation. In manchen Fällen findet sie statt, wenn der Entführte mit den Ausserirdischen ausserhalb des Schiffes zusammentrifft. Ist das so, dann beruhigen die Ausserirdischen normalerweise den Zeugen und bitten ihn, ihnen zu folgen."

Heute reden wir nicht mehr so selbstverständlich von "Ausserirdischen", da wir weniger denn je wissen, um wen es sich bei diesen Vertretern einer fremden Intelligenz handelt, die mit uns so nachhaltig Kontakt hält, doch das ändert nichts daran, dass sich bestimmte Ablaufmuster oft wiederholen bei zahlreichen voneinander unabhängigen Zeugen, und dies Muster zeigt sich auch bei Wolke:

Ein fremdes Wesen schwebt herbei: erste Kontaktaufnahme, dann gleich die Kommunikation (in diesem Fall in der Art von Gedankenübertragung), dann das obligatorische Beruhigen des Zeugen, bei Kleiner Rabe durch ein "Fürchte dich nicht!", bei Wolke - vielleicht telepathisch bewirkt? -: "Fürchtest du dich, mein Sohn?" - "Nein, jetzt schon nicht mehr!". Und dann die Aufforderung, zu folgen. Wie alle anderen Entführungsopfer auch, gehorchte Wolke dieser Aufforderung. Er erzählte dem Ethnologen Kohl weiter:

"Als er mir befahl, ihm zu folgen, erhob ich mich auch von meinem Lager, ohne mein Zutun und ohne meinen Willen, leicht und wie von selbst, wie ein Geist, der aus dem Grabe ersteht, und folgte ihm durch die Luft. Der Geist schwebte mir voran nach Osten, ich ihm nach. Obwohl wir in der Luft schwebten, so ging ich doch so sicher wie auf fester Erde, und es kam mir vor, als gingen wir einen hohen Berg hinan, immer höher und höher ostwärts."

Diese letzte Aussage ist mehr als mysteriös. Ein Schweben durch die Luft - und doch das Geühl als schreite (oder stehe?) man auf festem Boden - was könnte Wolke damit gemeint haben? Als sicher entnehmen wir dem Geschilderten nur, dass beide sich offensichtlich aufwärts, nach oben, fortbewegten, gleichzeitig in östlicher Richtung.

Was hier zutage tritt, ist wohl einmal mehr die ärgerliche "Grenze der Sprache". Man muss bedenken, dass für den Eindruck, den ein Geschehen auf einen Zeugen oder ein Entführungsopfer macht, sein Standort wesentlich ist. Damit gemeint ist in erster Linie sein geistiger Standort, sein Weltbild, sein Horizont von Denkmöglichkeiten, in dem er dieses Erlebnis wahrnimmt. Mit diesem geistigen Standpunkt hängt die Sprache, in der man lebt und sich ausdrückt, eng zusammen, also die Möglichkeit, Empfindungen auszudrücken, Eindrücke in Worte zu fassen und Wahrnehmungen zu deuten (z.B. ein grelles Licht als "Sonne" wie bei Kleiner Rabe), und diese somit in den Horizont der Welterfahrung, in der man lebt, einzuordnen. Unter diesem Aspekt ist auch mit Vorsicht an die Erzählung von Wolke heranzugehen. Wir sollten dies im Auge behalten bei der weiteren Schilderung seines Knabenerlebnisses.

"Als wir nach langer Zeit auf dem Gipfel angekommen waren, fand ich daselbst einen Wigwam gebaut, in den wir eintraten", so fuhr der alte Indianer fort. Er sagte nicht, dass sie den Gipfel eines Berges erreichten, redete nur vom Ankommen auf einem Gipfel. Auf dem Gipfel von was? Wir wissen nur, dass beide in östlicher Richtung aufwärts geschwebt waren. Worauf war das, was Wolke als Wigwam deutete, gebaut? Fand er vielleicht ein in der Luft schwebendens Flugobjekt vor, das er nur aus seiner Sichtweise heraus als "Wigwam" interpretierte? Was es auch immer war, es hört sich nach einem massiven Objekt an, in das man hineingelangen kann. Lassen wir Wolke erzählen, was er dort vorfand und erlebte.

"Ich erkannte anfänglich nichts als einen weissen Stein, der in der Mitte des Wigwams lag. Als ich aber etwas schärfer blickte, sah ich vier Männer rund um den Stein herum sitzen. Sie luden mich ein, auf dem weissen Stein in ihrer Mitte Platz zu nehmen."

Was nun folgte, hört sich zwar recht bizarr und unglaublich an, doch müssen wir versuchen, den "Dingen hinter den Dingen" nachzuspüren. Der Indianerknabe hatte sich kaum auf diesem "weissen Stein" niedergelassen, als ihn ein sehr merkwürdiges Gefühl verwirrte. Zuerst glaubte er, der "Stein" unter ihm fange an, zu schwinden, und es kam ihm vor, als wolle er mitsamt dem Indianerknaben im Boden versinken. Das hört sich ganz danach an, als habe der Indianerknabe die Bewegung eines fliegenden Objektes am eigenen Leib zu spüren bekommen. Natürlich wissen wir nicht, ob diese Vermutung zutrifft, sie ist auf jeden Fall nicht auszuschliessen. Man erinnere sich an das Gefühl, das man in einem Fahrstuhl hat, wenn dieser fährt!

Einer der Männer liess Wolke kurz aufstehen und bedeckte den "Stein" mit einer Art weissen Tuches (der Indianerknabe verglich es mit einer weissgegerbten Rehhaut).

"Als ich mich nun wieder darauf niederliess, hielt er ganz fest wie ein Baum, und ich sass gut."

Und nun kam der alte Indianer zu einem Augenblick seines Erlebnisses, das einmal mehr vermuten lässt, dass er einen Flugstart erlebt haben könnte. "Einer der Viere nahm das Wort und gebot mir, hinab zu blicken. Als ich es tat, sah ich unter mir die ganze Erde, tief, tief und weit, weit vor mir ausgebreitet."

Der gebannt lauschende Ethnologe warf eine Frage ein: "Schien sie dir rund?"

Wolke antwortete. "Nein, sie hatte vier Zipfel."

Das ist freilich eine aussergewöhnliche Antwort - es sei denn, Wolke habe durch einen viereckigen Sichtschirm oder auf einen Monitor geschaut, auf dem der Blick nach unten auf die Erde erschien. Andererseits wissen wir, dass viele Indianerstämme die Erde viereckig darstellten, und diese Anschauung mag später die Erzählung des Indianers beeinflusst haben.

Wolke war nun, genau wie Kleiner Rabe, ein Blick auf den Sternenhimmel vergönnt: "Alsdann nahm ein anderer der Viere das Wort und befahl mir, aufzublicken. Ich sah empor und sah den ganzen Himmel über mir, ganz nahe. Es war eine entzückende Pracht und herrlich anzuschauen. Ich blickte lange, lange hinauf und vergass fast, wo ich war."

Eine der vier Personen befahl nun dem Indianerknaben, emporzusteigen. Er wies auf die Lehne des harten Sitzes hinter Wolke, und dieser sah verblüfft, dass diese gewachsen war und sich unermesslich in die Höhe ausgedehnt hatte.

"Es waren Absätze darin", berichtete er, "und ich konnte auf ihnen wie auf einer Leiter emporsteigen. Ich erhob mich klimmend und kletternd immer höher, höher und höher, und endlich kam ich zu einem Platze, wo rund um die Säule herum vier weissgekleidete Greise in freier Luft sassen. Eine blendend glänzende Kuppel wölbte sich über ihnen."

Der Indianerknabe fühlte sich merkwürdig "leicht" und wäre am liebsten immer höher und höher geklettert. Die vier in freier Luft schwebenden Gestalten belehrten nun Wolke über seine Zukunft, prophezeiten ihm, ein tüchtiger Jäger zu werden, sowie ein langes Leben.

"Ich stieg dann schnell wieder an meiner langen steinernen Leiter hinab", fuhr Wolke fort. "Ich musste mich aber tüchtig dazu halten, denn ich bemerkte, dass sie unter meinen Füssen zu schwinden anfing, und schnell, wie ein Eiszapfen neben dem Feuer wegschmolz. Als ich unten wieder auf meinem Steinsitze sass, hatte derselbe seine früheren Dimensionen wieder angenommen."

Dies alles hört sich überraschend logisch an, wenn man voraussetzt, dass der Indianerknabe sich an Bord eines Flugobjektes befand, dem Flugobjekt einer überlegenen fremden Intelligenz. Diese merkwürdig wachsende harte Leiter, das Sich-Leicht-Fühlen des Knaben, die in freier Luft schwebenden Gestalten und die wieder zusammenschrumpfende Leiter: das alles hört sich nach einem gut beobachteten und getreu im Gedächtnis aufbewahrten realen Erlebnis an. Für diese merkwürdige Leiter möchte man am ehesten eine technologische Interpretation vorschlagen. Wir haben hier ein typisches Entführungserlebnis vor uns, das eher in unsere heutige Zeit zu passen scheint, als ins 18. Jahrhundert! Und doch liegt es so weit zurück!

Dieser Fall hält noch ein überraschendes Ende für uns bereit. Über seine Rückkehr erzählte Wolke kurz und bündig: "Ich liess mich in mein Nest oder Lager auf der roten Tanne hinab. Ich fand, dass drei Tage darüber vergangen waren."

Sein erzähltes Erlebnis füllt nun aber keine drei Tage aus! Hier haben wir es mit einer typischen Entführungs-Begleiterscheinung zu tun: der verlorenen Zeit. Rätselhafte Zeitlücken im Erleben der Entführten heutigen Tages gehören beinabe schon zur Tagesordnung. Dr. Jacobs zählt das Motiv der "missing time" zu den schon erwähnten Post-Abduction-Symptomen (PAS). Heute vermögen wir durch Hypnose-Rückführung das Geheimnis um manche Zeitlücke bei UFO-Entführungsopfern zu lösen, doch bei dem Indianerknaben Wolke tappen wir völlig im Dunkeln. Woran bemerkte er überhaupt, dass drei Tage vergangen waren? Kohl erwähnt in seinem Buch nichts davon.

Was jedoch auf den ersten Blick im Vergleich mit den modernen Entführungen bei Kleiner Rabe und Wolke fehlt, ist die Sichtung eines fliegenden Objektes durch den Zeugen. Ob sich hinter dem "Wigwam", zu dem aufwärts Wolke mit dem fremden Wesen schwebte, und hinter dem lichtstrahlenden Raum, in den Kleiner Rabe hineingelangte, jeweils ein unbekanntes Flugobjekt verbirgt, können wir nicht wissen. Zu unserem Bedauern konnte freilich der Ethnologe Kohl damals nicht ahnen, welche Zwischenfragen wir gerne von ihm gestellt gehabt hätten - wir würden heute Kleiner Rabe und Wolke mit einer ganzen Reihe von Fragen bombadieren, die bedauerlicherweise für immer unbeantwortet bleiben müssen.



Schwebende Kanoes und Lichtkegel als "Pfad nach oben": die Erlebnisse von Runder Wind und Kleine Fichte
Um mehr über Land und Leute zu erfahren, verliess Kohl das Ojibwa-Dorf und reiste, in Begleitung einiger Indianer und seines Dolmetschers, in die Wohngebiete der benachbarten Sious-Indianer. Dort lernte er den Sioux Runder Wind kennen, der ihm - nachdem ein beiderseitiges Vertrauensverhältnis hergestellt war - etwas Aussergewöhnliches mitzuteilen bereit war. Was Runder Wind etwa zwanzig Jahre zuvor (also ca. 1835) erlebt hatte, liess ihn nie wieder los, und er schnitzte Details seines Erlebnisses in einfachen Bildern auf seine Pfeife, die er stolz dem fremden Bleichgesicht vorführte. Und dann erzählte er...
Eines Tages betrat Runder Wind ein merkwürdiges Gebäude, er glaubte, es sei eine Art Medizin-Wigwam oder ein Tempel. Erstaunt erblickte er ringsherum im Raum viele alte, weise Männer sitzen. Runder Wind stellte sich vor, es handele sich um Krieger und Häuptlinge aus uralten Zeiten. Die Gestalten hiessen den Indianer willkommen und baten ihn, neben einem grossen merkwürdigen Stein in der Mitte des Raumes Platz zu nehmen, auf seiner mitgeführten Trommel zu rühren und zur Ehre des Grossen Geistes zu singen. Runder Wind sah in diesem Raum etwas wie einen grossen Baum stehen, darüber eine "grosse Friedenspfeife mit Federn geschmückt".
Bis hierher eine ganz harmlose, alltägliche Geschichte, so könnte man meinen. Doch was dann geschah, war alles andere als alltäglich.
Während Runder Wind im Kreise dieser alten fremden Männer sass, sah er durch die Öffnung des "Wigwams" von weitem etwas Seltsames durch die Lüfte heranschweben. Zuerst konnte er gar nicht erkennen, um was für ein Objekt es sich da handelte, allmählich aber kam er zu der Überzeugung, es müssten wohl zwei Kanus sein, denn eine andere Vergleichsmöglichkeit hatte er nicht. Das Verblüffendste aber war, dass sie über dem Boden in der freien Luft dahinschwebten - so etwas hatte Runder Wind noch niemals zuvor gesehen. Als die beiden Objekte näher gekommen waren, erkannte der Indianer in beiden je zwei Gestalten mit schwarzen Gesichtern. Die beiden fliegenden Objekte kamen ganz nahe bis zum Eingang des "Medizin-Wigwams" schwebend heran, und dann sah Runder Wind, wie sich plötzlich der Boden unter den Flugobjekten in einem breiten Loch auftat und spaltete. Die beiden seltsamen Kanus schwebten hinab in die Öffnung, die sich gleich darauf wieder über ihnen schloss, und Runder Wind stellte verwirrt fest, dass der Boden die Flugkanus vor seinen Augen verschlungen hatte.
Und dann ein neuer Schreck: einen Augenblick später war Runder Wind allein - der seltsame "Medizin-Wigwam" mitsamt seinen Insassen war spurlos verschwunden, wie niemals dagewesen.


Die Zeichnung des Indianers Runder Wind: oben die schwebenden Kanus, unten der Medizin-Wigwam und in der Mitte das Loch, in das die schwebenden Objekte hineinflogen (Nachzeichnun von J. A. Kohl 1855)

Für den Ethnologen Kohl war es gar keine Frage: selbstverständlich konnte dieses Erlebnis des Sioux-Indianers nur ein "Traumbild" gewesen sein! So leicht machen wir es uns heute nicht mehr. Gegen die Deutung des Geschehens als Traum spricht folgendes: Runder Wind hatte - wie jeder Mensch - unzählige Träume durchlebt im Laufe seines Lebens. Aber nur dieses eine Erlebnis erschien ihm derart aussergewöhnlich, dass er es auf seiner Pfeife verewigte. Keinen seiner Träume, nur diese Begebenheit stellte in Bildern dar. Mit keiner Silbe erwähnte Runder Wind, dass er vor Beginn seines Erlebnisses eingeschlafen sei.
Merkwürdig ist in der Tat das abrupte Ende dieses Geschehens. Kohl drückte es - aus seiner damaligen Sichtweise heraus - so aus: "Gleich darauf ist das ganze Traumbild zerronnen."
Doch gibt es - betrachtet man das Ganze aus dem Blickwinkel der modernen UFO-Forschung - auch ganz andere Erklärungen. Auch heute passiert es vielen Entführungsopfern, dass sie sich plötzlich am Ausgangsort ihres Erlebnisses wiederfinden, ohne zu wissen, wie sie dort hingekommen sind. Thomas E. Bullard spricht von der sog. "Tür-Amnesie" und kennt Fälle, bei denen Zeugen einer Begegnung der Vierten Art einen Blackout erlebten beim Betreten oder Verlassen eines Unbekannten Flugobjektes oder einer mysteriösen fremdartigen Örtlichkeit. Hier kommt wieder der Aspekt der schon erwähnten "missing time" zum Vorschein.
Könnte es nicht bei Runder Wind auch so gewesen sein? Er wusste anscheinend nicht, wie er in diesen fremden "Medizin-Wigwam" geriet und ebensowenig, wie er ihn wieder verliess. Gegen die Deutung als Traum spricht noch folgendes: Ein Indianer, der von fliegenden Dingen träumt, träumt eher von Adlern, Vögeln und Dingen aus seinem kulturellen Umkreis - kurz, von Dingen, die ihm aus seinem Alltag und aus seinem Weltbild heraus vertraut sind. Sicher gibt es wie in jedem Traum bizarre und unlogische Elemente - doch ein Indianer, der von schwebenden Kanus "träumt", die in eine sich öffnende und schliessende Bodenöffnung fliegen - das fällt aus der Rolle. Erst recht, wenn dies gar kein Traum war! Wir dürfen uns mit Recht fragen: Hatte Runder Wind eine Sichtung unbekannter Flugobjekte, verknüpft mit einer Begegnung der nahen Art? Wir sollten diese Frage nicht vorschnell mit Nein beantworten.
Das besondere an den Fällen "Kleiner Rabe", "Wolke" und "Runder Wind" ist die Tatsache, dass sie auf dem Bericht aus erster Hand beruhen. Kohl sprach mit den Zeugen der Erlebnisse persönlich. Wir haben es also nicht mit lange überlieferten Indianermythen zu tun. Selbst wenn man dem französischen Dolmetscher, der Kohl begleitete, einige ungewollte Übersetzungsfehler zugesteht, so haben wir es doch mit authentischen Berichten zu tun, die nicht erst von Generation zu Generation weitergereicht wurden. Bereits vier Jahre nach Kohls Aufenthalt am Oberen See und den angrenzenden Gebieten erschien sein Buch, in dem er seine sorgfältig aufgeschriebenen Forschungsergebnisse sowie diese Indianer-Berichte veröffentlichte. Man kann diesem Ethnologen nur dankbar sein, dass er sich ausser für Hüttenbau, Nahrungsversorgung, Kleidung, Sprachen, handwerkliches Können der Indianer usw. auch noch für deren aussergewöhnliche persönliche Erlebnisse interessierte. Das bedeutet für uns wertvolle "First-hand-Berichte"!
Kehren wir noch einmal zurück zum Lac du Flambeau. Einige Ojibwa-Indianer zeigten Kohl eines Tages das Grab eines grossen, weit berühmten Häuptlings namens Schinguakongse - Kleine Fichte. Kleine Fichte war der Sohn einer Ojibwa-Indianerin und eines schottischen Offiziers, und Kohl hatte das Glück, einige der Nachkommen dieses Indianerhäuptlings kennenzulernen. Stolz erzählten sie Episoden aus dem Leben des berühmten Vorfahren, und eines dieser Erlebnisse geht zurück in die Zeit, als Kleine Fichte ein Knabe von ca. zehn Jahren war. Wir können nur vermuten, dass sich dies Ereignis, um das es hier geht, möglicherweise um Jahrzehnte früher abspielte, als die aufsehenerregenden Erlebnisse von Kleiner Rabe und Wolke, denn die Siedlung am Lac du Flambeau wurde schon kurz nach 1745 errichtet. Folgendes erfuhr Kohl von den Nachkommen des Indianerhäuptlings:
Es ist eine kalte, stürmische Winternacht. Der Wind braust mit Macht ums Lager, und Kleine Fichte liegt frierend und zitternd in der mütterlichen Hütte. Plötzlich hat er das Gefühl, als spräche eine sanfte, liebe Stimme zu ihm. Er schaut sich ängstlich in der Hütte um, kann jedoch niemanden erblicken. Ihm wird ganz mulmig zumute.
"Du armer Schinguakongse", wispert die sanfte Stimme ihm zu, "du bist elend! Komm zu mir!"
Wieder schaut Kleine Fichte sich ängstlich um, kann aber den Verursacher dieser rätselhaften Stimme nirgends entdecken. In diesem Moment erschrickt der Indianerknabe zutiefst. Er gewahrt eine Art leuchtenden Lichtpfad, der bei seiner Lagerstatt beginnt und aus dem Hütteneingang hinausführt - schräg nach oben in die Luft hinauf. Eine innere Stimme sagt ihm, dass dies der Weg sei, den er wandeln solle. Wie unter Zwang erhebt sich der Indianerknabe und bemerkt, wie er in diesem leuchtenden Lichtkegel immer höher und höher hinaufschwebt. Hoch oben, im luftigen Himmel, entdeckt Kleine Fichte nun eine Art "Haus", wo ihn eine menschliche Gestalt, gekleidet in ein weisses Gewand, erwartet.
Was dort mit ihm geschah, davon wissen seine Nachkommen nur noch zu berichten, dass diese Gestalt dem Knaben "Bilder" zeigte, Szenen, auf denen Zelte, Menschen, Reiter, Krieger und Kämpfer zu sehen waren. Dann belehrte die fremde Gestalt den Knaben über seine Zukunft und prophezeite ihm, dass er ein grosser Held werden würde. Danach sei Kleine Fichte wieder diesen schwebenden, leuchtenden Lichtpfad "hinabgestiegen" und in der Hütte auf seinem Lager gelandet. In diesem Moment sei der leuchtende Lichtkegel spurlos verschwunden - und Kleine Fichte glaubte, dies alles nur geträumt zu haben. Wie sonst sollte er sich dies aussergewöhnliche und mysteriöse Erlebnis erklären?
Kleine Fichte wäre sicher sehr erstaunt - und getröstet? - gewesen, wenn er geahnt hätte, dass sein Hinaufschweben auf einem "leuchtenden Pfad" zu einem unbekannten, im Himmel schwebenden Objekt einige hundert Jahre später zu DEN typischen Details gehören sollte bei den modernen UFO-Entführungen.
Solch ein "leuchtender Pfad" - ein Lichtstrahl oder Lichtkegel - ist ein äusserst rätselhaftes Phänomen, gestern wie heute. In zeitgenössischen Berichten unserer Entführungsopfer und Zeugen werden immer wieder folgende Eigenschaften eines solchen Lichtkegels geschildert:
  • es dient als eine Art "Aufzug"
  • es wurde beobachtet, wie ein fremdes Wesen (oder mehrere) darin hinauf- oder hinabschwebten oder beides
  • es wurde beobachtet, wie Objekte darin hochgehoben oder wie Betroffene darin hochgehoben wurden
  • Zeugen erlebten, innerhalb eines Lichtkegels hinaus und / oder hinab zu schweben, allein oder in Begleitung eines oder mehrerer fremder Wesen
  • Zeugen erlebten, wie sie ein Lichtkegel niederpresse oder verletzte oder lähmte

Auch in der schon mehrmals erwähnten Studie über ca. 300 Entführungsfälle des Dr. Bullard wird Stellung genommen zu diesem interssanten Aspekt des UFO-Phänomens: "Wie Lichtstrahlen ... in Beziehung zum Schiff stehen, bleibt schleierhaft, aber ihre Bedeutung ist bei der Entführung klar. In 61 Fällen berichteten die Zeugen, dass ein Licht sie im Auto oder im Schlafzimmer traf, oder sie von Licht überschüttet wurden. Dieses Licht kann direkt vom Schiff oder von einem Wesen ausgehen ... Die übliche Position des Lichtvorfalls ist am Anfang der Geschichte während der Gefangennahme anzusiedeln, wo ein Strahl die Aufgabe hat, dem Zeugen seine mentale und physische Freiheit zu nehmen."

Die Studie weist dann ausdrücklich darauf hin, dass sich in vielen Fällen mit dem Lichtstrahl oder -kegel eine Art ziehende Kraft verbindet, die den Zeugen hinauf zu einem Objekt schweben lässt.

So und nicht anders geschah dies ja auch bei dem Indianerknaben Kleine Fichte. Was Dr. Johannes Fiebag in seinem Artikel "Erstkontakt" schreibt, könnte nicht besser zum Fall Kleine Fichte passen: "Plötzlich im Zimmer auftretende unerklärliche Lichter, die sich von draussen herein bewegen, sind ein geläufiges Sekundärphänomen, das in der Regel den Beginn oder das Ende eines Entführungserlebnisses anzeigt."

Erinnern wir uns: Während ein wesenlose fremde Stimme zu Kleine Fichte spricht, leuchtet plötzlich ein "leuchtender Pfad" von oben herab hinein in die Indianerhütte bis ans Lager des Knaben. Dieser schwebt daraufhin aufwärts zu einem Objekt, hat dort die Begegnung mit einem Wesen, verknüpft mit einer "Bildershow" und einer Zukunftsprognose, und zum Schluss schwebt der Knabe wieder im Lichtkegel herab - und ist wieder auf seinem Lager, der "leuchtende Pfad" aber ist verschwunden.

Solch ein Szenario könnte ebensogut gerade eben in unserer Zeit geschehen sein, tauscht man die Indianerhütte mit einem modernen Haus aus. Bei all diesen frühen Fällen - die Entführung von Kleiner Rabe, Wolke, Kleine Fichte sowie die Sichtungen fliegender Objekte durch Runder Wind - sind die Parallelen zu den heutigen Entführungsfällen unübersehbar und überzeugend. Begegnungen der Vierten Art gab es bereits vor ca. 200 Jahren, und sehr wahrscheinlich noch viel früher. Alle hier geschilderten Fälle tragen sich auffallenderweise zwar in einem begrenzten Gebiet innerhalb der kanadischen Seenplatte zu und in einem begrenzten Zeitraum - 18. / 19. Jh. -, doch könnte es viele weitere Fälle ähnlich diesen geben, von denen wir gar nichts wissen, weil nicht allerorten ein Ethnologe wie J.A. Kohl durch seine positive Neugier den Indianern gegenüber durch Zufall solche Erlebnisse hören, aufschreiben und veröffentlichen konnte.

Eine uns jedoch bekannte Parallele ist der Fall Schwarzer Hirsch - Black Elk -, eines Sioux-Ogallala-Indianers, der als Knabe mehrere Entführung-Erlebnisse hatte, bei denen er von schwebenden humanoiden Wesen kontaktiert wurde und dann einen Flug mit einer "Wolke" machte.

Black Elk

Black Elk besucht eine "Hütte" droben im Himmel

Black Elk wird auf einer "Wolke" in den Himmel getragen
Hier ist uns sogar das genaue Datum bekannt: 1868 - im Alter von fünf Jahren - hatte er seine erste Nahbegegnung, und 1872 erlebte er seinen "Wolkenflug". Black Elk erzählte später einem Weissen, John Neihardt, seine Geschichte, der sie später veröffentlichte. Wie viele derartige Fälle mag es noch geben, von denen wir bislang noch nichts wissen? Hier lohnt eine Spurensuche unter dem Blickwinkel der UFO-Forschung allemal!
Literatur:
Bullard, Thomas E.: UFO Abductions: The Measure of a Mystery. Mound Rainier 1987
Fiebag, Johannes: Erstkontakt. In: New Scientific Times, Nr. 2, Langenthal 1996
Kohl, Johann Georg: Kitschi-Gami oder Erzählungen vom Oberen See. Bremen 1859
Neihardt, John G.: Schwarzer Hirsch: Ich rufe mein Volk. München 1962
Stöcklin, Nando: Geschichte der Ojibwa. In: Magazin für Amerikanistik, Nr. 3, Wyk 1998